Warum ich mein altes Leben manchmal gar nicht vermisse…

vergangenheit

“Früher wurde ich gemobbt”, sagte ich neulich zu einem Freund. “Ehrlich?”, antwortete dieser erstaunt, “das hätte ich nun gar nicht erwartet. Wieso?” . “Wenn ich das wüsste”, konnte ich nur erwidern. Ich war so bestrebt zu den anderen Kindern in der Oberschule dazu zu gehören, dass es wirklich schmerzhaft war immer wieder zu scheitern und alleine am Rand zu stehen. Erst mit dem Schulwechsel kam auch die Besserung. Man unterschätzt das alles immer so leicht…

Mein Leben früher war toll. Liebende Eltern, eine große Familie, eine Schwester mit der ich super zurecht kam, viele Freunde in der Grundschule. Alles war perfekt. Und dann wird man älter, die Dinge ändern sich, man selbst ändert sich, versucht sich mehr von den Standarts zu differenzieren, einzigartig zu sein und nicht immer tut man sich damit einen gefallen. Dann das Gegenteil, man versucht dazu zu gehören, alles so zu machen, wie die anderen, ein Teil des Kollektivs zu sein… nun ja… sie merken, wenn du verzweifelt bist. Es ist wie in der Wildnis, leben und überleben…

Einzelgänger bleiben zwar unauffällig, aber ihnen fehlt etwas Wichtiges und oft werden sie viel zu spät bemerkt. Ich war und bin ein Rudeltier, ich brauche immer Menschen um mich herum, deshalb war die Zeit damals doppelt schwer für mich, als ich irgendwie nirgendwo dazu zu gehören schien. Mit dem Schulwechsel kam eine zweite Chance, ich konnte einfach ich sein und sehen, wer mich mag, wie ich bin. Keine verzweifelten Versuche zu sein, wie andere…einfach man selbst sein… und die Gleichgesinnten kommen von ganz alleine. Ich war ein kleines Sternchen in der Grundschule und musste dann feststellen, dass man auf der Oberschule nicht automatisch den alten Status beibehält. Ich verwandelte mich in das totale Gegenteil meiner Kindheit… zurückhaltend, unsicher, schüchtern…das war übrigens auch die Zeit, wo ich mir das massive Übergewicht angefuttert hatte…

Nach dem Schulwechsel auf eine vollkommen andere Schule, da kam dann auch wieder Veränderung. Die Menschen dort waren anders…offener. Sie kamen auf dich zu, halfen Dir dabei dich einzufinden, Freundschaften entstanden, es bildete sich ein neues Rudel. Und ich merkte, wie ich wieder aufblühte, wie mein Leben sich verbesserte. Es war auch die Zeit, wo der Held und ich zueinander fanden und ich Stück für Stück zu einem neuen Menschen wurde…

Es war eine schöne Zeit und es gibt Tage, da fehlt sie mir unglaublich. Die tollen Menschen, die vielen lustigen Abende, dieses Gefühl von Zusammenhalt und trotzdem merkt man, wie das Leben sich ständig weiter bewegt, wie die Leute sich weiterentwickeln, neue Wege einschlagen und alles sich immer weiter verändert. Manche sind ins Ausland gegangen, andere (so wie wir) sind Eltern geworden, haben geheiratet…wir sind alle mit so verdammt anderen Dingen beschäftigt als früher. Ja, manchmal fehlt mir die Zeit. Und wenn ich dann auf das Blicke, was ich heute habe, dann fehlt sie mir auch wieder nicht, denn mein Leben ist eigentlich schön und was bringt es gedanklich in der Vergangenheit festzusitzen. Nicht alles war toll, aber vieles…aber manchmal vermisse ich es gar nicht…

…und manchmal ganz schön doll…

sari-unter

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8 Kommentare

  1. So schön geschrieben, wie immer :)
    Deine Gedanken kann ich gut nachvollziehen, ich hatte es auch nicht immer leicht.. gerade in der Zeit, in der man einfach nur dazugehören wollte, war es besonders schwer. Ich verstehe genau was du meinst.
    Drück dich! <3 Liebe Grüße!

    1. An solchen Abschnitten im Leben wachsen wir ja letztendlich auch

  2. Genau das habe ich letztens mit dem Schatz besprochen: Wie sehr mir so einiges fehlt, was aus einer Zeit kommt, die eigentlich die schlimmste Zeit war… -.-‘

    1. Schon seltsam oder, wie eng die Dinge manchmal beieinander liegen

  3. Hach ja… vieles was du da schreibst habe ich so oder ähnlich auch erlebt und kenne mehr, die solche Erinnerungen ihr eigen nennen von denen man es gar nicht denken würde. Letztlich formen uns die guten und die negativen Erfahrungen und machen uns zu dem Menschen der wir heute sind.

    1. Ja, das ist wohl wahr und letztendlich musste man diesen Weg gehen um dort zu sein, wo man heute ist

  4. Erinnert mich ein bisschen an meinen eigenen Beitrag zum Thema Vergangenheit ^^”
    Ein bisschen beneide ich Dich ja darum, dass mit dem Schulwechsel alles besser wurde ;) Ich habe so viele Abschlüsse nachgeholt und bin entsprechend oft in neuen Klassen gewesen und jedes Mal war es eine neue Tortur. Weil das Mobbing in meiner Heimatstadt relativ schlimm war, war ich von vornherein anderen gegenüber immer skeptisch. Und jede Klasse war anders. Die ersten drei Jahre, die ich in der Nachbarstadt auf die Schule ging, liefen recht gut und ich konnte ein paar Kontakte knüpfen (die heute alle wieder verschollen sind). Dann auf dem Weg zum Abi landete ich in einer total spießigen Klasse und wurde direkt ausgegrenzt; das Jahr war aber auch privat nicht besonders gut für mich, also hab ich wiederholt und bin in eine neue Klasse gekommen. Die Gemeinschaft war vielleicht nicht die beste, aber man hat sich in den drei Jahren aneinander gewöhnt, wurde offen füreinander und jetzt habe ich noch den einen oder anderen Kontakt ^^ Aber von uns hat auch noch keiner Kinder soweit ich weiß, haha :D Dafür aber schon einige Leute aus den Klassen zuvor.
    Schade finde ich eigentlich nur, dass ich in den wichtigsten Jahren meiner Entwicklung keine beste Freundin hatte, die mit mir in die gleiche Klasse ging und alles mitbekam, was bei mir so passierte. Halt so diese eine Person, die man bestenfalls schon aus dem Kindergarten kennt und mit ihr zusammen erwachsen wird.

    1. In der Klasse direkt hatte ich die auch nicht. Freunde kommen und gehen, das habe ich in den letzten 20 Jahren massiv gelernt…ist sp. Schade ist es aber, wenn die Jugend so schwierig war…das wünscht man keinem…

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