Vermissen

Vom Vermissen – Ein paar schöne Kinderbuch – Empfehlungen

Vor einigen Jahren schrieb ich einen Artikel. Darin ging es um ein Thema, das mich hin und wieder daran erinnert, dass da ein kleines Loch in meinem Herzen ist, das sich nicht wieder auffüllen lässt. Eine Lücke in meinem Leben, die niemand zu schließen weiß. Das möchte ich auch gar nicht, denn sie hat ihre Daseinsberechtigung, wie so viele andere Dinge im Leben auch.

Ich habe meine Kinder, die mich dann und wann an einen Menschen in meinem Leben erinnern und das schmerzt an manchen Tagen. Sehr. Doch es gehört zu mir und irgendwie ist da neben dem Schmerz auch Glück. Über all das, was ich erleben und fühlen darf und durfte und nun in meinen Kindern wieder entdecke. Jeden Tag ein Stückchen. Ich sprach vor Jahren auch einmal über Dankbarkeit und erzählte euch von diesem Menschen, der mein Leben um so vieles reicher gemacht hat.

Darüber reden hilft. Darüber schweigen nicht.

Gestern war der 19. Dezember. Eigentlich wollte ich bereits gestern diesen Beitrag hier schreiben, aber ich fand einfach nicht die innere Ruhe dazu. Ich bin nicht der Mensch, der sich an einem Ort zum Trauern einfindet, aber ich bin ein Mensch mit starken Gefühlen und Emotionen und diese haben mich gestern davon abgehalten. Ich wollte und konnte einfach nicht. Also ließ ich es. Gestern war der 9. Todestag meines Vaters. Es ist schwer zu begreifen, dass seitdem tatsächlich schon wieder 9 Jahre vergangen sind und ich frage mich, wie das passieren konnte.

Also denke ich an diesem Tag ein bisschen mehr darüber nach und erlaube mir auch einfach mal traurig zu sein und zu vermissen. Der Tag verläuft bei mir immer etwas nachdenklicher und ruhiger und das ist ok so. Das brauche ich.

Mit meinen Kindern rede ich darüber. Sie wissen, wie es mir geht. Wissen, dass ich meinen Vater vermisse und dass es ein wundervoller Mensch war. So gut sie es eben in ihrem jeweiligen Alter verstehen und ja, in diesen Momenten kommt dann der Miniheld zu mir, nimmt mich in den Arm und sagt mir, dass er seinen Opa gerne kennen gelernt hätte und es treibt mir auch in diesem Moment die Tränen wieder in die Augen. Ich weiß, dass die beiden so wunderbar miteinander ausgekommen wären und es schmerzt mich bitterlich, dass sie sich niemals kennen lernen werden. Umso wichtiger ist es mir, mit meinen Kindern über diesen wertvollen Menschen in meinem Leben zu reden. In allen Facetten, über alles, was ihn ausgemacht hat. Seine Standpauken, seine Rettungsaktionen, seine Kuscheleinheiten, einen Beruf, seine Musik, seine Verfehlungen. Alles, was zu ihm gehört, damit meine Jungs später einmal sagen können, dass sie ihren Opa zwar nie getroffen haben, aber genau wissen, was für ein Mensch er war.

Es ist großes Glück, dass ich mit meinen Kindern so über das Vermissen reden kann.

Es befreit mein Herz. Es macht es zwar auch schwer, aber auch frei. Ich habe das Gefühl meinen Kindern einen wichtigen Bestandteil aus ihrem Leben mitgegeben zu haben, ihnen das alles nicht vor zu enthalten.

Es ist nicht einfach über so etwas Schweres und Wichtiges mit Kindern zu reden. Verstehen sie es? Wie verarbeiten sie es? Wollen sie das überhaupt? 

Der Miniheld ist recht pfiffig und in seinem Denken war er schon früh sehr reif und erwachsen, hat die Dinge schon immer schnell erfasst und verstanden und so hat er auch früh gelernt, dass er eigentlich noch einen weiteren Opa hätte. Das machte es mir einfacher mit ihm über Geschichten aus meiner Kindheit zu sprechen. Ich weiß noch nicht, wie es beim Kleinen sein wird, wann ich mit ihm in die Tiefe dieses Gespräches eindringen kann, aber auch mit ihm möchte ich irgendwann über all das reden können.

Mit Kinder über Tod, Trauer und Vermissen sprechen… mit Hilfe von Kinderbüchern.

Wie ihr wisst, sind wir Leseratten. Bereits der Kleine blättert gerne in Büchern und lauscht den Geschichten, die wir lesen. Er betrachtet konzentriert die Bilder und versucht die Inhalte zu erfassen. Für mich war es daher an der Zeit, dass ich mich eingehender damit auseinander setze und somit habe ich mich auf die Suche gemacht. Ich habe nach Büchern gesucht, die ich zu diesem Anlass gerne mit den Kindern lesen und anschauen möchte. Solche Bücher sind manchmal sehr abstrakt, manchmal sehr direkt und ich staune, was für eine große Auswahl es da inzwischen gibt und wie unterschiedlich damit umgegangen wird.

Eine Auswahl einiger schöner Bücher zu dem Thema möchte ich euch heute vorstellen.

Einige Wochen habe ich recherchiert. Ich war mit den Kindern in der Bücherei, habe euch nach euren Empfehlungen gefragt, Verlage angesprochen und gelesen. Vor allem gelesen habe ich viel und bin dabei auf wirklich schöne Werke gestoßen, die alle irgendwie anders und irgendwie gleich sind. Jedes geht ein bisschen anders mit dem Thema um. Manche sind sehr direkt, manche eher abstrakt und alle haben so einen wohlig schönen Beigeschmack. Man seufzt am Ende und fühlt sich ein bisschen besser. Zumindest ging es mir so.

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“Opas Engel”  aus dem Carlsen Verlag von Jutta Bauer zum Beispiel, erzählt die Geschichte vom Großvater, der von seinem Leben behauptete, dass ihm niemand etwas konnte. Er konnte über die größten Löcher springen, als Sieger aus kleinen Raufereien hervorgehen und so viele Dinge, vor allem während des Krieges erleben. Dabei hatte er immer einen Engel bei sich, der über ihn gewacht hat. Bis zum Schluss, als der Engel weiter zieht.

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In dem Buch erzählt Opa seinem Enkel von all dem und in Bildern sehen wir, was er erlebt hat. Einmal quer durch sein Leben. Mit seinem Engel immer an seiner Seite. Als ich das Buch mit dem Minihelden las, da fragte ich mich, ob er den Krieg in den Bildern entdecken konnte und was es bedeutete, dass dort immer ein Engel an Opas Seite flog. Engel, diese Begleiter, die sich jeder gerne vorstellt. Sagt man nicht, dass Kinder und alte Menschen immer einen wachenden Schutzengel an ihrer Seite haben… Eine schöne Vorstellung, oder?

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Zu meinen Favoriten gehört allerdings “Opas Insel” von Benji Davies aus dem Aladin Verlag. Die Bilder lassen uns abtauchen in eine farbenfrohe und fröhliche Welt, so dass einem erst einmal gar nicht bewusst wird, worum es in dem Buch geht. Nämlich um das Thema “Abschied”. Eine letzte gemeinsame große Reise, die Enkel und Opa miteinander unternehmen, so bunt und phantasievoll, dass das Buch einfach nur schön ist. Vor allem für die Augen.

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Die Geschichte selber erzählt von Sam und seinem Opa. Sam liebt seinen Opa und ist ständig zu Besuch bei ihm. Eines Tages findet er Opa allerdings ungewohnter Weise auf dem Dachboden vor, in der Wand eine Tür, die es so vorher nicht gab. Das Haus wird auf einmal zu einem großen Schiff und gemeinsam unternehmen sie eine Reise. Sie landen auf einer wunderschönen und farbenfrohen Insel und am Ende beschließt der Opa, dass er gerne dort bleiben möchte. Sam reist also alleine zurück…. Ein wirklich schönes Buch.

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Etwas aus der Reihe dagegen fällt das Buch “Weil du mir so fehlst” aus dem Carlsen Verlag von Ayse Bosse. Anders deshalb, weil es nicht einfach nur eine Geschichte erzählt. Kummer und Trauer gehört in den Alltag. Gerade Kinder empfinden dieses Gefühl so oft und manchmal ist es für sie so schwer nachvollziehbar, warum sie dieses Gefühl nicht in den Griff bekommen. Sie sind traurig, weil sie etwas verloren haben. Egal was. Aber besonders bei einem geliebten Menschen.

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Dieses Buch ist anders als die anderen, weil es den Kindern beim Bewältigen dieser Emotionen helfen möchte. Das tut es auf verschiedene Art und Weise: Es erzählt vom Bären, gibt aber auch kleine Übungen und Anregungen mit, die man mit dem Kind gemeinsam umsetzen kann. Es ist ein Mitmach – Buch und lädt dazu ein in ihm zu arbeiten. Kleine Rezepte versüßen den Alltag, Seiten zum Anmalen helfen dabei den Gefühlen Luft zu machen. Und vieles mehr.

Der Carlsen Verlag hat sich übrigens auch sehr intensiv mit dem Thema Tod und Trauer beschäftigt und ein spannendes Unterrichtsmodel entwickelt. Darin zeigen sie auf, warum es so wichtig ist bereits im Grundschulalter das Thema mit Kindern aufzuarbeiten und bieten Arbeitsmaterial zu ihren Büchern, wie zum Beispiel “Opas Engel”, das ich ja weiter oben schon vorstellte. Sehr spannend. Vor allem, weil ich darüber auf viele weitere schöne Buchempfehlungen gestoßen bin.

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Als ich euch nach Empfehlungen fragte, berichteten die meisten von euch mir von diesem Buch. “Der Baum der Erinnerung” (Affiliate) von Britta Teckentrup aus dem ARS Edition Verlag. Ich bin sehr dankbar für diese Empfehlung, denn es ist ein wirklich trauriges, aber wunderschönes Buch, das sehr stille, aber aussagekräftige Bilder hat. 

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Fündig wurde ich in der Bücherei. Eines Tages legt der Fuchs sich hin und schläft ein. Er wacht nicht wieder auf und seine Freunde, die Tiere des Waldes, finden ihn so vor. In diesem Buch geht es schwerpunktmäßig um das Erinnern. So wie ich meinen Kindern immer wieder von meinen Erinnerungen an meinen Vater erzähle, so erzählen sich die Tiere von ihrem mit dem Fuchs und je mehr Erinnerungen sie miteinander teilen, desto größer wird eine kleine Pflanze, die schließlich zu einem Baum wird. Groß, kräftig und an der Stelle, wo zuvor der Fuchs lag. Ein Baum der Erinnerungen und ein Denkmal für all jene, die den Fuchs so sehr liebten. Ich liebe vor allem die Vorstellung, dass aus all den Erinnerungen etwas Neues wachsen kann.

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Ebenfalls in der Bücherei fand ich dann noch diese beiden Bücher: “Leb Wohl, lieber Dachs” (Affiliate) von Susan Varley aus dem Annette Betz Verlag und “Ente, Tod und Tulpe” (Affiliate) von Wolf Erlbruch aus dem Kunstmann Verlag.

Alle Tiere liebten den alten Dachs. Er war immer für die anderen Tiere da, nun allerdings nicht mehr. Jedes Tier für sich erinnert sich in “Leb wohl, lieber Dachs” an diesen und wir erfahren, in welchem Zusammenhang sie miteinander standen. Mit jeder Erinnerung vergeht etwas Zeit und schließlich ist im Laufe der Zeit die Trauer zwar noch da, aber nicht mehr so schmerzhaft, wie am Anfang und die schönen Erinnerungen an ihn haben an Kraft gewonnen. Auch dieses Buch zeigt uns, wie wichtig es ist, sich der schönen Dinge, die man gemeinsam erlebt hat, zu besinnen.

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“Ente, Tod und Tulpe” ist übrigens das einzige Buch der hier aufgelisteten, bei dem wir den Tod treffen und er wirkt ein bisschen naiv und zutraulich, hat etwas sehr Sympathisches und irgendwie auch kindliches. Seine Darstellung ist überhaupt nicht schrecklich. Das Buch ist weniger erzählend, ein wenig abstrakt und irgendwie poetisch. Ob es für Kinder verständlich ist, das kann ich nicht sagen. Aber es ist irgendwie ruhig und beruhigend. Und somit ein schönes Buch zu dem Thema, bei dem der Tod eher als Freund angesehen wird.

Es gibt so viele schöne Bücher, mit denen man sich befassen kann. Die Auswahl erscheint im ersten Moment gigantisch und überfordert einen vielleicht ein wenig. Welches Buch ist für meine Situation das richtige? Welches hilft mir dabei das Thema richtig anzugehen? Das muss jeder für sich selber heraus finden. Ich persönlich denke, dass jedes auf seine Art wichtig und besonders ist und auch, wenn vielleicht kein Anlass besteht.

Wie seht ihr das? Ist das Thema bei euch präsent? Musstet ihr euch mit euren Kindern bereits damit befassen und habt ihr Buchempfehlungen, die ihr mit uns teilen wollt? Ich würde mich sehr über eure Hinweise dazu in den Kommentaren freuen. Zum Schluss möchte ich euch einen wundervollen Mittwoch wünschen…

sari-unter

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4 Kommentare

  1. Katrin says:

    Wir mussten uns leider vor 4 Wochen von einem sehr wichtigen und tollen Menschen verabschieden, daher kommt mir deine Buchvostellung sehr gelegen. Leb wohl, lieber Dachs und Opas Engel sind auch gleich mal bestellt…

    1. Sarah Kroschel says:

      Ach Mensch, fühl dich gedrückt. Dieses Jahr hat es wirklich irgendwie total in sich…

  2. Zwei deiner Bücher haben großes Interesse geweckt.
    Vielleicht hole ich mir noch eins davon.
    Bei uns ist ja letztens ein Kindergartenfreund vom Großen gestorben und da es alles so unnatürlich ist und ichdas Gefühl habe, da schlummert noch was im Großen, denke ich das BUch der Erinnerung und vorgestellte MItmachbuch könnte noch etwas sein, was meinst Du?

    1. Sarah Kroschel says:

      Der Baum der Erinnerung ist wirklich wunderschön und zählt definitiv zu meinen Favoriten. Das andere hilft auf eine nette Art und Weise beim verarbeiten. Also ja, ich denke damit würdest du wirklich gut fahren.

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