[ANM.:Im Vertiefungskurs “Kunst und Alltag anderer Kulturen” besuchten wir die afrikanische Abteilung des Ethnologischen Museums in Berlin Dahlem. Aufgabe war es, eine Geschichte zu einer der Ausstellungsstücke zu schreiben. Meine Wahl fiel dabei auf eine Maske, die die Mutter darstellen sollte.]

Das Lagerfeuer brannte lichterloh in der Mitte eines großen Platzes.
Alle waren an diesem Abend zusammen gekommen. Alle.
Sie saß an der Seite, den Kopf leicht gesenkt, wartend. Noch war es nicht so weit.
Sie lauschte dem Knistern des Holzes, dem Rauschen der Flammen.
Das Stimmenwirrwarr um sie herum hatte sie ausgeblendet. Sie wollte der Natur lauschen. Ihrem Herzen lauschen. Ihren Rhythmus finden.
Sie lauschte.
Sie lauschte und hörte nun ein dumpfes Pochen. Ganz leicht.
Bump bump…
Sie konzentrierte sich mehr, intensiver.
Bump bump…bump bump…
Es ging ein Raunen durch die Menge um sie herum.
Sie waren nun an der Reihe, doch noch lauschte sie.
Bump bump bump….bump bump…

Das Raunen in der Menge schlug in einen Jubel um, den sie schon lange nicht mehr vernommen hatte.
Es war nun wirklich an der Zeit gewesen.

Schritte erklangen. Pochend, hüpfend, stampfend. Sie waren da.
Noch wanderten sie ziellos über den Platz.
Die Köpfe wackelten wie in Ekstase hin und her. Hin und her, von einer Seite zur anderen. Fast schon suchend.
Aus den unkontrollierten Bewegungen wurden sichere und pulsierende Bewegungsabfolgen, die einem stummen Rhythmus zu folgen schienen, denn Musik vernahm man nicht.

Langsam hob sie den Kopf. Es war soweit, ihre Kinder hatten ihren Höhepunkt erreicht.
Sie drehten und sprangen, sie wirbelten durch die kreischende, schreiende Menschenmenge. Hoben hier und da wie Wilde ihre Arme, die Finger zu Klauen, Pfoten oder ähnlichem verbogen.

Bump, bump, bump…
Der Rhythmus ihrer Söhne hatte sich auf ihr Herz übertragen. Vermischte sich mit ihrem eigenen und formte einen vollkommen neuen, der sie zusammenschmelzen ließ.
Sie und ihre Söhne waren eins. Untrennbar, verbunden durch die Musik, die in ihrem Herzen ruhte.

Sie sprang auf und stampfte wie wild, in einem bestialischen Rhythmus gemeinsam mit ihren Söhnen. Die Füße, geschmückt mit Palmenwedeln, Gräsern und anderem Grünzeug, bewegten sich in einer Schnelligkeit, die man mit dem bloßen Auge kaum wahrnehmen konnte.
Sie waren eine Einheit, eine Familie, ein Rhythmus.

Und sie war stolz darauf.

© Sarah Jakobeit 2007

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0 Kommentare

  1. says:

    Wow, toll geschrieben. *gg*

  2. says:

    Ich danke Dir *hug*

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