Vom Vermissen…

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Es gibt so Beiträge, bei denen überlegt man wirklich sehr, sehr lange, ob man sie schreiben und dann am Ende auch wirklich veröffentlichen möchte. Sie sind nachdenklich, persönlich und gehen dem Schreiber, in dem Fall mir, sehr ans Herz. Man legt einen sehr großen Teil von sich selber offen und das muss einem vor dem Klick auf den Veröffentlichen-Button klar sein. Man zeigt sich dem Publikum quasi nackt.

Ihr merkt also, ich habe viele Gedanken gewälzt, bevor ich diese Worte hier niedergeschrieben habe, aber manchmal, da ist das Bedürfnis so groß, sich die Last einfach mal vom Herzen zu schreiben…und wenn man es nur tut, um den Beitrag, die Gedanken, die Worte in den Entwürfen versauern zu lassen und sie irgendwann wieder zu löschen. Zumindest hat man sie mal niedergeschrieben und meist reicht das alleine schon aus, um den Kopf wieder frei zu bekommen.

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Heute geht es um das Vermissen. Es gibt einen ganz besonderen Menschen, den ich schmerzlich in meinem Leben vermisse. Seit nun bald 9 Jahren ist er nicht mehr bei uns und seitdem die Kinder da sind, ist dieses Gefühl von Leere unglaublich groß, größer, als es vorher eh schon war. Das liegt daran, dass ich sehr stolz auf meine Söhne bin und mir gewünscht hätte, dass sie diesen Menschen kennen gelernt hätten. Er hätte ihnen gefallen und er hätte seine wahre Freude an diesen beiden kleinen Chaoten hier gehabt. Sie hätten voneinander mehr als nur profitiert. Meistens komme ich mit diesem Leeregefühl ganz gut zurecht und dann gibt es so kurze Momente, da überwältigt es mich auf einmal und ich suche innerlich verzweifelt nach einer Möglichkeit damit zurecht zu kommen. Es ist eine Art Hilflosigkeit, da es einfach nichts gibt, womit ich dieses Dilemma lösen könnte. Der Mensch ist weg und daran lässt sich leider nichts mehr ändern.

Nun ist der Miniheld zusätzlich in einem Alter, in dem er anfängt diese Dinge zu hinterfragen. Ich habe ihm von Anfang an von diesem Menschen erzählt, er sollte immer wissen, dass da noch jemand ist, der sehr stolz auf ihn wäre und ihn sehr lieben würde. Er wusste also immer darum, aber nun will er auch wissen warum dieser Mensch nicht mehr da ist, was passiert ist, wie er so war, wie es ihm ging und wie es zu Ende ging. Er weiß es nicht besser, weiß nicht, dass er mit diesen Fragen bei mir immer wieder Wunden aufreisst und ich wieder anfangen muss sie heilen zu lassen. Und das ist auch irgendwie gut so, denn ich finde es schön, dass er Interesse an diesem Menschen hat, den er nie wirklich kennen lernen durfte. Ich zeige ihm Fotos, erzähle ihm Geschichten und manchmal sitzt der Miniheld dann neben mir, schaut zum Boden und sagt leise “Ich wünschte auch, dass ich ihn noch getroffen hätte”. Es zerreisst einem das Herz, aber irgendwie finde ich das auch wichtig und ich werde es beim Heldenkind sicher nicht anders machen. Immerhin lebt dieser geliebte Mensch auch in meinen Kindern weiter und in beiden lässt sich ein Stück von ihm wiederfinden und das macht mich glücklich. Mehr als nur glücklich.

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Manchmal, wenn ich meine Kinder ansehe, dann sehe ich in ihnen ein bisschen von meinem Vater und ich vermisse ihn dann unglaublich und gleichzeitig bin ich aber auch sehr glücklich…

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11 Kommentare

  1. Hach schnief…. ich hab meinen Vater nie richtig gekannt und was was ich von ihm erzählt bekommen hatte, das war nicht immer schön. Heute weiß ich er hat sich nach mir verzehrt und meine Halbschwester immer wissen lassen, das er noch eine Prinzessin hat. Ich fühle mich meines Vaters beraubt und kann es nicht mehr gut machen – er ist verstorben. Mein Leben lang dachte ich “Papa hat mich nicht lieb” ein schreckliches Gefühl was mich zerreißt. Noch mehr, das ich nie den Mut hatte an seine Tür zu klopfen und ihn zu fragen warum er mich nicht lieb habe…. es hätte doch alles aufgeklärt…. es hätte vielleicht gezeigt wie lieb er mich doch hatte…..

    Tschuldigung für diesen kleinen tränenreichen Ausbruch. Du hast mich tief berührt!!!

    Drück Dich
    JesSi Ca

  2. Furchtbar, ich stecke in derselben Situation, nur stellt das Sommerkind noch keine Fragen. Irgendwann wird es sicher soweit sein.

    Liebe Grüße und Kopf hoch
    Nicole

  3. ich kann das irgendwie sehr gut nachvollziehen. bei mir ist es mein opa – ich war aber zeit meiner kindheit immer ein sehr ausgeprägtes opakind, und auch wenn man – altersbedingt – irgendwie das fehlen des uropas fürs kind jetzt als normaler voraussetzt, fehlen eben die menschen, die einen selbst sehr geprägt haben. ich wünschte sehr mein opa hätte die geburt seiner urenkelin erlebt und ich wünschte sehr, sie würde vom kennen dieses menschen profitieren können. die lücke geht eben nicht zu schliessen, aber ich hoffe sie profitiert von den vielen geschichten von ihm. und so wird das sicher auch bei dir sein. denn wir sind ja ein stück von

  4. … diesem puzzleteil. und was wir nicht vergessen können wir weitergeben. du machst das schon sehr richtig. aber diese leere kann ich sehr sehr gut nachvollziehen. auch nach 15 jahren. es wird seltener, aber deswegen nicht weniger schlimm. man lernt nur besser mit umzugehen.

  5. Ach Sari…
    Du sprichst mir so aus der Seele. Ich glaube es gibt so viele verschiedene Arten von Schmerz. Einige davon haben wir auch kennengelernt. Aber kein Schmerz ist so zehrend, so aussichtslos, so scheinbar unheilbar wie dieser. Ich beschreibe es immer als eine Art Loch im Bauch, es ist zerissen und der Wind weht reißend hindurch und zieht an den Fransen und Fetzen dieses Loches. Es klingt vielleicht unschön, aber so fühlt es sich an. Wie etwas physisches, das andere aber nicht sehen können. Noch schlimmer ist aber meiner Meinung nach die Erinnerung an Dinge, die nie passiert sind. Manchmal sitze ich da und ich sehe Momente aus meinem Leben, so wie sie nicht gewesen sind. Der Einzug in die erste Wohnung, der Schulabschluss, die Geburt vom Minihelden und vom Heldenkind, Krisen, der erste wirklich ernste Freund.. und ich sehe diese Momente, wie sie gewesen wären, wenn er noch da wäre. Ich sehe Streiterein, Gelächter und Lektionen. Ich stelle mir vor, wie er mir eine Predigt hält, wenn ich glaube, dass ich versage. Von wegen “dann hör auf zu jammern und ändere dein Leben in eine Richtung mit der du dich wohler fühlst”. Ich sehe ihm beim Möbelschleppen, beim Grappa trinken, beim Salami trocknen und beim eingeschnapt sein zu. Ich sehe seinen stolzen Blick. Den Blick, den man immer dann sehen durfte, wenn man sich treu blieb. Wenn man nicht aufgegeben hat. Ich denke dann immer, wie schön mir diese Erinnerung vorkommt. Doch sie ist nie passiert. Und egal wie schön der Moment eigentlich in der Realität war, er wirkt auf einmal viel dunkler. Ich glaube, wenn man jemanden verliert, ist es hoffnungslos auf Heilung zu hoffen. Aber man weiß was Verlust bedeutet. Und vielleicht hilft das dabei wenigstens die anderen Menschen in seinem Leben mehr zu lieben und zu schätzen, da man die Vergänglichkeit aller Dinge begreift.

    Es war mutig von dir diesen Beitrag zu schreiben, ich bin stolz auf dich.
    Hab noch einen schönen Tag <3

    1. Irgendwie klingt es furchtbar und wundervoll zugleich, was du da beschreibst. Aber ich bin froh dass ich mit diesem Gefühl die meiste Zeit doch recht gut zurecht komme. Ja, es sind viele Situationen, die man sich so vorstellen könnte…

  6. Liebe Sari, dein Post hat mich gerade sehr berührt. Ich kann verstehen, dass jedes Nachfragen immer wieder an deinen Vater erinnert und auch schmerzt. Aber dennoch ist es schön, dass dein Kind so eifrig nachfragt und es so zumindest aus Erzählungen von deinem Vater erfährt.

    Ich finds jedenfalls toll, dass du diesen Beitrag veröffentlicht hast.

    1. Ich danke Dir. Ich würde es mir, glaube ich, niemals verzeihen, wenn meine Kinder nicht zumindest ein Bild von diesem Menschen hätten, der mir so wichtig ist

  7. […] Ich habe gewisse Prozesse nicht verarbeitet, das merke ich an manchen Tagen. Mich nie richtig von dem einen oder anderen Menschen verabschieden können, das wird mir wohl ewig nachhängen. Aber insgesamt… […]

  8. […] An diesen Tage fällt mir das Atmen ganz schwer und dennoch nehme ich all meine Kraft zusammen und erzähle. Ich erzähle von tollen Ausflügen, wichtigen Lektionen, Umarmungen bei Liebeskummer und Standpauken, die ich als Kind gehasst habe. Oft erwische ich mich dabei, dass ich Sachen zu meinen Kindern sage, die ich früher immer ganz doof fand. Heute weiß ich, dass sie durchaus weise waren. Die Worte von meinem Vater. Ich zeige ihnen Bilder und, wenn ich sie finde, auch Videos. Für meine Kinder soll es sich anfühlen, als hätten sie diesen einen Opa gekannt, ihn getroffen und als hätten sie ein lebendiges Bild von ihm vor Augen. Es ist ein schweres Thema für mich, aber es gehört für uns zum Leben dazu. […]

  9. […] sie am Ende vielleicht doch ein bisschen wissen, wie es ist ihn gekannt zu haben. Sie verstehen, dass ich ihn vermisse und dass es für mich manchmal nicht einfach ist mit meinen Gefühlen im Reinen zu […]

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