Perfekt ist anders!

Manchmal bekomme ich doch zu hören, was für eine perfekte Familie wir sind und wie toll und einfach doch alles bei uns lief. In solchen Momten möchte ich gerne aufspringen und schreien. Das klingt immer alles so, als ob ich niemals mit Problemen zu kämpfen gehabt hätte und alles immer super war. Dem war nicht so und wir mussten einiges mitmachen, um da zu sein, wo wir heute sind. Es ärgert mich immer ein bisschen, wenn ich mitbekomme, dass all das Schlimme, was ich mit meinen jungen Jahren schon erleben durfte, von anderen einfach ausgeblendet wird. Natürlich soll man sich vor allem auf die positven Dingen im Leben konzentrieren, aber die negativen dürfen dabei nicht vergessen werden, denn sie haben einen wesentlichen Anteil dazu beigetragen, dass die Dinge so geworden sind, wie sie es heute nun mal sind.

Kein Mädchen sollte mit nicht mal 30 Jahren zum Beispiel seinen Vater beerdigen müssen, oder? Um nur mal ein Beispiel zu nennen (und ich denke manch’ einer wird jetzt von Euch vielleicht sogar wissend nicken). Schwanger werden…einfach? HA HA HA! Darf ich mal kurz lachen?! Glücklich im Beruf sein? Man ist sich selbst der Schmied seines Glückes und jeder Fehltritt bedeutet auch, dass man einen neuen, weiteren Schritt gehen muss, sonst tritt man sich auf der Stelle fest und genau da entsteht die Unzufriedenheit. Was habe ich nicht schon gestritten, gelitten und geweint in meinem Leben. Aber mindestens genauso viel habe ich gelacht und Spaß gehabt. Menschen sind gekommen und gegangen. Dafür sind dann aber auch wieder neue gekommen und haben die Lücke wieder aufgefüllt.

Nicht alles läuft so, wie ich es mir wünsche, nicht alles ist perfekt und auf manche Dinge im Leben, auf manche Erfahrungen hätte ich ganz ehrlich verzichten können, denn noch heute treiben sie mir die eine oder andere Träne in die Augen. Aber dann wird sie weggewischt und es kann weiter gehen. Denn wer will schon perfekt? Perfekt ist doch langweilig!

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17 Kommentare

  1. Das hast du schön geschrieben.
    Zu mir sagen auch viele Freundinnen immer wieder, wie sehr sie mich beneiden, dass bei uns alles immer so toll läuft. Das ist so gar nicht. Wir streiten auch. Nur eben ruhiger und ich häng nicht immer alles gleich an die große Glocke. Ich werde auch von ihm verletzt, durch Worte, Gesten,…genau wie das halt manchmal so ist.
    Ich habe bisher auch viel aushalten müssen und gucke auch gerädert, wenn mir gesagt wird,dass bei mir immer alles so toll ist. Dass der Weg bis hier steinig war, sieht irgendwie keiner.

  2. @Steffi: Ich sage immer, dass wir nicht streiten, sondern diskutieren. Wie streiten fühlt es sich zumindest nicht an, aber das ist auch gar nicht das, worum es hier im Groben geht. Da waren andere Dinge bezeichnender für mein Leben :)

  3. „Urteile nie über einen anderen, bevor Du nicht einen Mond lang in seinen Mokkassins gegangen bist.”
    Eine indianische Weisheit, die leider nicht jeder befolgt. Auf das Lebend von ANDEREN zu schauen ist für viele Menschen wahrscheinlich einfacher, als sich das eigene anzusehen und daran zu arbeiten. Zu glauben anderen fällt alles in den Schoß, nur mir nicht, macht es “scheinbar” leichter; da kann man rummeckern über sein Unglück, klagen und beschweren *cry* , sich suhlen im Pech und herrlich die Verantwortung abgeben.

    Da fällt mir immer das Lied “die Lösung” von Annett Louisan ein… *zwinker*
    (wer es nicht kennt, leider gibts keine besser Qualität im Netz zu finden: http://www.youtube.com/watch?v=mHUpyR_PFB8)

    liebste Grüße,
    Jana vom Gänseblümchen

  4. Kann ich auch fast alles unterschreiben.
    Wie oft wird mir gesagt “Ach, das ist doch schon so lange her, vergiss das und schau nach vorne.” oder so Sprüche wie “Ihr seid seit Jahren zusammen, verheiratet, habt kein Kind, geht nicht in Urlaub, ihr müsst euch doch so viele Wünsche erfüllen können.”… da falle ich jedesmal in ein schwarzes Loch. Mal sehr tief, mal weniger.

    Thema Beerdigungen. Nach mittlerweile 6 Abschieden tut es immernoch genauso weh wie beim ersten. Nur die Tränen werden weniger. Und du weißt ja, ich bin auch noch u30.

    “Lass die Leute reden.” auch wenn es schwer fällt. Wer dir sowas ins Gesicht sagt interessiert sich eh nicht für deine wahre Geschichte *knuddel*

  5. Du schreibst mir wirklich aus der Seele aber Du kennst ja unsere schlechten Erfahrungen, die wir durchaus teilen können.

    Ich denke, dass fremde Menschen kein Recht haben über des anderen Leben zu urteilen. Sie kennen oft die wahren Hintergründe nicht. Man selbst erzählt sicher auch nicht alles Erlebte weiter, so kann ein anderer überhaupt nicht beurteilen, dass alles so glatt in der Familie läuft.

    Meine Weisheit: Man sollte 1 mal am Tag herzhaft lachen können, das ist besser als jeder gutgemeinte Rat und jede Medizin. Immer wieder kleine Highlights schaffen, auf die man sich freuen kann.

  6. Aber mit “perfekte Familie” ist doch, denke ich, nicht gemeint, dass ihr perfekt wärt, sondern dass ihr das erfüllt, was jeder sich an (s)eine Familie wünscht: Ihr wirkt glücklich. Und dass ihr euch dieses Glück nicht erarbeitet hättet, das wird dadurch nicht impliziert. “Perfekte Familie” ist als Kompliment gemeint, als “Ich hoffe wir werden auch so glücklich wie ihr”. Und natürlich gehören Leid und Kampf dazu – sowohl zum glücklich sein, als auch zum Familie sein. “Perfekte Familie” ist keine Beleidigung.

  7. @Mocca: Darum geht es auch gar nicht und so seh ich das auch gar nicht, aber wenn man mir sagt, dass für uns ja alles so toll und einfach lief, dann bekomme ich das Gefühl, dass so manches Erlebnis einfach mal ausgeblendet wird…

    Meine Ohana ist perfekt, genau so wie sie ist. Und das, was wir erlebt haben, das gehört dazu, nur deshalb sind wir so geworden, wie wir geworden sind. Aber manche Dinge, die ich erlebt habe, die wünsche ich diesen Menschen nicht! Und demnach ist es wirklich so, wie manche sagen: Es ist schwer über das Leben eines anderen zu urteilen, man steckt einfach nicht drin!

  8. Wie wahr…
    Schöne Worte und soviel Wahres dran. Perfekt sein ist wirklich langweilig. Aber ich kenne solche Aussagen auch oder merke sie durch Blicke… Neider gibt es überall, aber an sich selbst zu arbeiten ist manchmal nicht einfach.
    Wir diskutieren hier auch und mit Kind ist es weiß Gott nicht einfacher geworden alles zu magagen, aber man wächst an seinen Aufgaben.

    Du gehst deinen Weg und musst dich damit wohlfühlen und manchmal muss man einfach abbiegen, manchmal kann man auch nochmal umdrehen, aber man sollte nie stehen bleiben.

  9. Also ich hoffe, Ihr bekommt jetzt nicht einen falschen Eindruck oder so. Ich bin sehr glücklich mit meinem Leben und mit dem, was wir, also mein Mann und ich, erreicht haben. Manche geben mir nur manchmal das Gefühl, dass das alles so reibungslos und perfekt ablief, obwohl einige von ihnen genau wissen,d ass wir einige Hürden zu meistern und einige riesige Steine aus dem Weg zu räumen hatten und das finde ich schade.

    Mein Leben ist toll. Nicht alles ist so, wie ich es gerne hätte, aber es wäre seltsam, wenn ein Leben reibungslos ablaufen würde und diese Hürden sind ja auch nötig, um wachsen zu können. Ich möchte nur nicht, dass ich Dinge durchgestanden habe, nur um am Ende dann hören zu müssen, dass ich es nie schwer in meinem Leben hatte!

  10. Sari, du hast ehrlich ins Schwarze getroffen! Ich bin zwar noch ziemlich jung, aber wenn manche anfangen über dies und das von mir zu schwärmen – zum Beispiel, dass ich ja von allen gemocht werde usw! Da wird man ehrlich wütend und will den anderen anschreien, dass man schon dreimal so viel Streit hatte mit den “Allen” und es nur immer wieder geschafft hat einander zu verzeihen!
    Und ich glaube ehrlich gesagt, dass perfekt zwar alles ist, aber weil meine Auffassung von perfekt dem Wort “natürlich” entspricht und alles, was es in der Natur gibt auch natürlich – also perfekt – sein muss.
    Aber so wie du das gemeint hast bin ich voll und ganz einverstanden. Wer alles bekommt und dessen Leben “perfekt” ist – der muss wohl todunglücklich sein, weil er nie etwas Spannendes erlebt hat!

  11. @Jane: Jeder hat eine andere Definition von Glück und das ist gut so, aber ich sehe es auch so, ohne Steine im Weg ist der Weg doch total langweilig!

  12. Man merkt, dass es dich ärgert.
    Du machst deinem Ärger Luft, und das ist doch auch gut so.
    Viele Blogleser können sich kaum ein Bild machen, denn man schreibt ja noch lange nicht alles auf den Blog. Und andere, die wissen, was ihr durchgemacht habt, die sind wahrscheinlich neidisch oder sich verdrängen anders, weil sie es nicht selbst erlebt haben.
    Es durch die vielen Steine und Hürden, wächst man und wirkt manchmal vielleicht auch einfach viel glücklicher als andere.
    Lass dich nicht grämen und genieß dein Leben, du weißt, was dich geprägt hat und kannst stolz sein, dass es dich nicht umgehauen hat, sondern hat wachsen lassen.

  13. @Sari:
    Das habe ich schon verstanden :)
    Ich wollte nur auch mein eigenen Senf dazu geben.
    Natürlich sind für mich auch andere Dinge bedeutender. Aber die gehören für mich hier auch nicht hin.

  14. Es ist leicht zu glauben, dass es jemand anderem besser geht. Man sieht nur die Fassade und diese kann auch einmal “perfekt” erscheinen. Aber jeder Mensch hat seine Höhen und Tiefen erlebt. Die einigen mehr, die anderen weniger. Aber Perfektion wird ein Menschenleben niemals erreichen können.
    Ich kann also verstehen, wenn du manchmal sogar “verletzt” von dieser Aussage ist, dein Leben wäre perfekt. Denn sie zeigt (möglicherweise), dass jemand nur deine Fassade betrachtet hat – einen kleinen Teil deines Lebens.

  15. Fassaden. Ein gutes Stichwort :)

  16. Ich glaube damit wollen dir liebe Menschen eher ein Kompliment machen, denn du scheinst dein Leben im Griff zu haben. Der Miniheld ist solch ein Sonnenschein und du hast so viele neue Projekte, besonders im kreativen Bereich, begonnen und im Nu gemeistert, dass unsereiner manchmal schon fast ein wenig neidisch wird als “nur arbeitender Mensch”, der nicht so viel zu Wege bringt. *drop*
    Und es ist sicher auch immer ein bisschen “Hey, Kopf hoch, wenn momentan nicht alles Sonnenschein ist, besinne dich auf die Dinge die du hast und die so wertvoll sind” dabei. :)
    Zu guter Letzt klingen bei dir Ratschläge manchmal als wäre alles locker, flockig, so dass man sich fragt wie du das alles wegsteckst, weil es einem selbst bei weitem nicht so leicht fällt wie es bei dir den Anschein macht (was drinnen passiert ist ne ganz andere Sache, schon klar).

  17. @Maru: Ja, das Innen ist wirklich manchmal viel aufgewühlter, als das Aussen! Wobei ich wie gesagt gelernt habe, die Dinge nicht mehr mit zu viel Gewicht zu belasten. Neid hin oder her…ich finde, er ist unangebrahct, erst recht, wenn man weiß, was alles schon so dahinter steckte. Dann vielleicht höchstens neidisch auf die Fähigkeit die Dinge zu überwinden. An vielem knabber ich aber nach wie vor!

    Aber wie gesagt, grundsätzlich führe ich ein perfektes Leben mit einigen Abstrichen.

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