Lebe lieber anders

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Sei außergewöhnlich! Das hat meine Mutter immer gesagt. Sie legte schon immer Wert auf das Besondere an den Dingen. Während meine Klassenkameraden die normalen Schreibhefte aus dem Handel hatten, die eben jeder hatte, brachte sie mir aus dem Frühlingsurlaub in Italien, den sie jedes Jahr mit meinem Vater für eine Woche machte, ganz wundervolle Hefte mit ganz eigenen Motiven mit. Sie waren dicker als die normalen Schreibhefte und wirklich toll anzusehen. Nur die Sicherheitsränder, die die Lehrer immer forderten, die musste ich jedes Mal selber mit einem Lineal einzeichnen. Das war nicht so schön und es kam oft genug vor, dass ich einfach lieber die schnöden gleichen Hefte wie meine Mitschüler gehabt hätte, aber dennoch wusste ich das Spezielle sehr zu schätzen, denn die anderen bewunderten die Hefte immer sehr und aus der Ferne konnte ich immer sofort ausmachen, welches Heft meines im Stapel der Lehrer war…das machte das Warten erträglicher…

Die Nachbarskinder, vor allem die älteren Mädchen liebten meine Kleidung sehr. Ich durfte oft die Sachen meiner Mutter tragen, die sie mir dann irgendwie enger oder kürzer gesteckt hatte. So hatte ich trendige Jacken an, blumige Kleider, die mir eigentlich viel zu groß waren und sowieso…ich fiel halt immer ein bisschen aus der Rolle. Manchmal fand ich das gut und manchmal wollte ich einfach nur genau die gleichen Sachen haben, wie die anderen. Heute hoffe ich immer, dass der Miniheld mir rechtzeitig Bescheid geben wird, wenn er mal nicht mehr die selbstgenähten Sachen tragen möchte, sondern eben auch ein Star Wars oder (Gott bewahre) Angry Birds T-Shirt haben will -.- . Aber aktuell, da liebt er sie noch, die Sachen “die Mama extra für mich gemacht hat” und ist sehr stolz, wenn ihn jemand fragt, woher er denn diesen wunderschönen Teddy-Pullover hat… ich hoffe, diese Zeit wird noch ganz lange anhalten…

Jedenfalls denke ich, dass diese Erfahrungen aus meiner Kindheit mich geprägt haben. Dieses Streben danach anders zu sein als die anderen. Auch mal aufzufallen. Ich habe es lange Zeit abgelehnt und mich lieber versteckt, war das unscheinbare Mäuschen, aber irgendwann brach es dann wieder aus mir hervor. Das Bedürfnis nach gestreiften Strumpfhosen, wie man sie neulich auf dem Foto sehen konnte oder die weiten Röcke im Petticoat-Stil, auffällige Mützen mit Katzenohren… Manch einer mag deswegen den Kopf über mich schütteln wenn ich mir zum Beispiel bei Esprit mal wieder was Geringeltes mit in den Einkaufswagen packe, inzwischen vielleicht auch dann und wann mal auf mein Alter hinweisen und die Vorbildfunktion meinem Kind gegenüber, aber ich kann dazu nur sagen, dass man lieber ungewöhnlich leben sollte, als alles monoton und langweilig an einem vorbeiziehen zu lassen, oder? Nach geringelten Kniestrümpfen Ausschau halten, gepunktete Socken tragen und auch mal einen Blick in die Kinderabteilung wagen, wo es immer tolle Haarreifen und Haarspangen, auch mal kleine Umhängetaschen und dergleichen gibt…

Ich glaube jedenfalls, dass ich in dieser Hinsicht meiner Mutter einfach mal Danke sagen muss, denn auch, wenn es nicht immer von mir erwünscht war, war es doch irgendwie immer toll ein bisschen gegenüber den anderen aus der Rolle zu fallen und hat ein Stück weit zu dem beigetragen, was mich heute ausmacht…

sari-unter

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8 Kommentare

  1. Ich finde das toll, dass Deine Mama Dir so viel Individualität mitgegeben hat :) Bei mir war es ähnlich, ich hatte auch oft andere Sachen an, als die Standardsachen der anderen Kinder. Obwohl ich mir früher auch sooo sehr ein Aaron Carter T-Shirt gewünscht hätte und mit 12 ewig gebettelt habe, damit ich auch die coolen Buffalos tragen kann :D
    Aber eigentlich wissen doch die Eltern am Besten, was gut für ihre Kinder ist :)

    1. Ja, es hat schon als Kind zu dem einen oder anderen stolzen Moment geführt, wenn es bewundert wurde, was ich anders hatte ^^

  2. Du sprichst mir wieder aus der Seele, liebe Sari. Meine Eltern haben mich auch sehr nach den Motto “Indivuduell” sein aufgezogen. So trug ich ebenfalls nur selbstgenähte Kleidung von Oma, gestricktes von Mama – und war selbst immer sehr …eigen ;)
    Aber ich finde es auch gut so – Massenmenschen gibt es so viele dot draußen!

    1. Ich habe nichts gegen die Massen, Dinge sind oft bei vielen beliebt, weil sie nun mal gut sind ;) Aber manchmal ein bisschen anders sein kann nie schaden

  3. Ich finde es ist sehr schwierig – vor allem in der Pubertät (zum Glück ist die vorbei *lach* )- individuell zu sein und doch nicht zu sehr im negativen Sinn aufzufallen oder anzuecken . Ich habe (leider) immer wieder im Hinterkopf ein Stimmchen das sagt “Was würden nur die anderen/die Nachbarn/usw dazu sagen?”. In der Hinsicht schlägt wohl mein innerer Spießer durch. >-<
    Das fängt bei "kuriosen" Klamotten wie der Mütze mit Katzenohren an (ich besitze aber eine! ;)), geht aber auch bis zu Gartengestaltung… Manchmal schlägt aber dann doch der Nerdige-Otaku-Spinner in mir durch. *hihi*

    1. Hm, ja…einer der Grüne, warum ich nicht mit Lolita-Rock auf den Spielplatz gehe, obwohl die Freundin immer meint, dass ich das mal machen soll *lach* Für mich war so ein Schritt die Lilane Perrücke auf dem Weihnachtsbasar zu tragen, wo die meisten dachten, ich hätte mir die Haare gefärbt *lach* Am Ende war das Feedback doch echt positiv und hat gezeigt, dass man solche Sachen ruhig öfter wagen kann und sollte.

  4. Schönes (und schwieriges) Thema. Und Respekt an Deine Mama, die Dich dazu ermuntert hat, aufzufallen!
    Auch bevor ich den Grufti in mir entdeckte hatte ich schon immer so ein paar gewisse Dinge, die ich mochte, die andere aber nicht kannten oder nicht verstehen konnten, was ich daran mag. Mit Eintritt in die Pubertät hatte ich dann immer noch buntere Klamotten als die anderen, oder Muster, die keiner der anderen je getragen hätte. Und als es dann mit schwarz losging und die Mobberei in der Schule schlimmer wurde, legte mir meine Familie nahe, ob es nicht besser wäre, wieder bunte Kleidung zu tragen…
    Wenn ich so zurück denke, gab es wirklich oft genug Momente, in denen ich mir wünschte, wie die anderen zu sein. Aber das hat dann irgendwann aufgehört und ich ging dazu über, mir auch Stifte mit fröhlichen Motiven zu holen und andere kleine Accessoires aus dem Schreibutensilienbereich ;) So erkennt man seine Sachen immerhin direkt wieder, falls man sie verliert oder sie gemopst werden! XD Und ich fang jetzt auch wieder an, meine Kleidung etwas schriller auszuwählen, nachdem ich jetzt jahrelang immer schlichtes getragen habe – was sich einfach langweilig und deprimierend anfühlt ;/

    1. Eine “dunkle” Phase hatte ich auch, während der Ausbildung und es kam der Tag, an dem mich meine Lehrerin zur Seite nahm und darum bat nicht so viel schwarz zu tragen, weil es mein Umfeld herunterziehen würde…
      Erzieherausbildung wohlgemerkt…wenn einen das nicht erst Recht dazu anstachelt anders zu sein…naja ^^ Aber ich verstehe was du meinst

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