Letzte Woche ist uns etwas passiert, das mich ganz schön zum Grübel gebracht hat. Die letzte Woche war bei uns ja ein wenig chaotisch. Nicht nur, dass der Mann auf Dienstreise und ich somit Strohwitwe für ein paar Tage war… meist ist es ja so, dass genau an solchen Tagen alles auch ein wenig verrückt spielt. In unserem Fall streikte die Bahn. Aber so richtig. Mit Ausfällen, massiven Verspätungen und gestrichenen Fahrten. Für den Mann hieß das zum Beispiel, dass er in einer anderen Stadt fest saß und später in der Woche nach Hause kam, als eh schon geplant.
Aber das ist mal nur so am Rande und soll einfach nochmal zeigen, wie chaotisch alles war. Daneben verbrachte ich ganze zwei Vormittage mit dem großen Sohn im Wartezimmer seines Arztes, weil es ihm nicht gut ging und sich keine Besserung zeigte. Natürlich passiert sowas immer dann, wenn man das eher nicht gebrauchen kann und man den Alltag mit den Kindern alleine wuppen soll. Vorteil war: Ich musste mich nicht zerreißen und zwei Kinder zu zwei verschiedenen Trainings-Standorten bringen. Nachteil: Ich hatte natürlich ein krankes Kind zu Hause. Und das ist ja immer doof. Und das stellt nun quasi die Vorgeschichte zu dem dar, was dem großen Sohn und mir passierte.
Man kann inzwischen ja leider nie so richtig einschätzen, wie lange man in so einem Wartezimmer sitzt
Es war ja schon immer so, dass man beim Arzt etwas Wartezeit mitbringen musste. Wenn ich beim Orthopäden war, dann konnte ich eigentlich immer – trotz Termin – mit gut zwei Stunden rechnen und war demnach jedes Mal mit ausreichend Trinken und etwas zu Lesen bewaffnet. Ähnlich beim HNO. Reguläre Termine zu bekommen ist heutzutage ja eh ein absolutes Kunststück und die Akutsprechzeiten sind jedes Mal gnadenlos überlaufen. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich konnte den Tag nicht so richtig planen, besonders mit Hinblick auf das Mittagessen.
Der kleine Sohn würde ja in jedem Fall vom Hort mit einem Mittagessen versorgt werden, aber für den großen Sohn und mich müsste ich erst noch etwas kochen. Daher beschloss er, dass er sich nach seinem Termin gerne einen Döner holen wollte. Der Hunger war inzwischen (nach über 2 Stunden Warten) einfach zu groß.
Und hier sollten wir “Opfer” guter Gesten werden
Viel zu selten erlebt man es heutzutage, dass Menschen sich mit guten Gesten ohne etwas dafür zu erwarten einem zuwenden. Ich habe mir zum Beispiel angewöhnt, wenn ich in einen Bus steige, dem Busfahrer immer einen guten Tag mit einem Lächeln im Gesicht zu wünschen. Ihr würdet euch wundern, wie viele überrascht deswegen sind und sich ehrlich freuen. Meist werden sie ignoriert, bekommen gestresste Gesichtsausdrücke serviert oder werden gar angemeckert. Fahrt mal mit den Öffentlichen: Es ist eigentlich immer voll und hektisch. Und deshalb hatte ich mir mal vorgenommen hier immer ein Lächeln bereit zu halten. So eine kleine Gesten können schon wirklich viel bewirken.
Nun aber zurück zu unserem Döner-Erlebnis. Der Sohn wollte sich seinen selber kaufen und betrat den Laden. Da dieser recht klein war und auch andere Kunden hinein wollten, verzog ich mich wieder nach draußen vor die Türe, damit die Kundschaft ausreichend Platz hat. Der Sohn bestellte also und ich hatte von draußen alles mehr oder weniger im Blick. Nebenbei telefonierte ich mit dem Mann, um mit ihm Neuigkeiten auszutauschen, als der große Sohn auf einmal mit einem mehr als überraschten Gesichtsausdruck und seinem Döner in der Hand aus dem Imbiss kam.
“Der Mann da drinnen hat gerade meinen Döner bezahlt”, erklärte er mir vollkommen baff. “Wie, was hat er”, fragte ich überrascht und merkte direkt, wie ich misstrauisch wurde, “weiß der Verkäufer denn auch, dass du eingeladen wurdest?” Mir kam das alles echt total komisch vor. “Ja”, antwortete der Sohn, “der Mann hat gesagt – Geht auf mich – und dann gab der Verkäufer mir den Döner und ich konnte gehen”.
Den Rest des Weges wussten wir nicht, wie wir damit umgehen sollten
Es ist schon seltsam, oder? Die nächsten 15 Minuten, die wir mit unserem Heimweg beschäftigt waren, grübelten wir darüber, wieso ein Fremder auf die Idee kam das Essen meines Kindes zu bezahlen. Was war der Hintergedanke dabei? War etwas mit dem Imbiss nicht in Ordnung? Solche und ähnliche Fragen gingen uns die ganze Zeit durch den Kopf und wisst ihr was? Das ist doch vollkommen verrückt!
Das ist nämlich das nächste, was ich überlegte: Warum ist das inzwischen so, dass wir nette Gesten von anderen Menschen hinterfragen und den Hintergedanken darin suchen? Keiner kam uns hinterher gerannt und rief “Hey, du musst bezahlen”. Keiner kam uns hinter gelaufen und wollte eine Gegenleistung von uns oder verfolgte uns gar. Der Mann sprach nicht ewig auf den Sohn ein oder dergleichen. Er lud ihn ein und verabschiedete sich dann. Und dennoch suchen wir das Negative in dieser Aktion anstatt uns einfach über nette Gesten zu freuen. Verrückt, oder?
Das spiegelt eine Menge wieder von dem, was wir heutzutage so an Ansichten und Einstellungen mit uns herum tragen, oder? Also ja, diese Situation hat mich ganz schön ins Grübeln gebracht.
Wie seht ihr das?
Huhu,
warum hast du den Mann nicht angesprochen und dich bedankt? Dann wäre es zu einem Gespräch gekommen und du hättest dir das Grübeln erspart.
LieGrü
Elena
Das gab die Situation nicht her. Der Sohn war alleine drin und hatte sich natürlich auch bedankt bei dem Mann, das ist klar. Aber er erzählte mir das auch erst draußen und war selber total perplex *lach* Aber das genau meine ich ja auch damit: Man wird von so etwas heutzutage so überrumpelt, dass man erst einmal gar nicht weiß, wie man die Lage einschätzen soll.
Ich kann verstehen, weshalb ihr so perplex gewesen seid – damit rechnet man einfach nicht. Und überall gibt es irgendwelche (Betrugs)Maschen, dass man inzwischen vorsichtig ist… wirklich schade!
Vielleicht aber eine gute Gelegenheit, es als Anlass zu nehmen, irgend eine andere (wildfremde) Person aus dem Alltag zu beschenken. Erst recht in der Adventszeit. :-)
Ich habe vor 2 Jahren mal von jemanden gelesen, der einen Adventskalender für „Klingler“ gemacht hat. Immer die erste Person am Tag, die geklingelt hat, hat bekommen was im jeweiligen Türchen war. 😊 DHL-Fahrer, Nachbarn, Spendensuchende…
Dieses Jahr möchte ich das auch mal probieren 🙂
Liebe Grüße
Annalena
Das ist ja auch eine tolle Idee. Da wir in der Adventszeit viele Pakete bekommen, habe ich meist für den Paketfahrer eine Schokomann da :) Oder wenn wir gerade gebacken haben, gibt es direkt einen Keks. Aber die Idee m it dem Kalender finde ich ja auch schön
[…] freundliche Geste zeigt, gerade Kindern gegenüber. Über eine solche Situation schreibt Sari in Warum wir gute Gesten hinterfragen… Ein Beitrag, der mich nachdenklich gemacht hat, denn mir wäre es wohl genauso gegangen wie […]
[…] Sari erzählt von einem Erlebnis und berichtete, wie verrückt es doch heutzutage ist, dass man gute Gesten so extrem […]
Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass nicht jede freundliche Tat eine versteckte Absicht hat. Manchmal ist ein Döner einfach nur ein Döner, der ohne Erwartung einer Gegenleistung geteilt wird. Diese Geschichte zeigt uns, wie tief verwurzelt unser Misstrauen geworden ist und wie sehr wir es manchmal verlernen, uns über die kleinen Freuden des Lebens zu freuen. Lasst uns öfter den Mut haben, gute Gesten anzunehmen und zu schätzen, ohne sofort nach einem Haken zu suchen. Es könnte uns dabei helfen, ein wenig mehr Vertrauen in unsere Mitmenschen und in die Welt um uns herum zu finden.