Corona

Ein Schuljahr mit Corona neigt sich dem Ende zu #Gedankenspiele

In Berlin dauert es jetzt nun noch ziemlich genau eine Woche, bis die Sommerferien starten. Am 23.06. gibt es für die Kinder Zeugnisse und dann haben sie erst einmal Zeit um zu verschnaufen. Und wenn ich das so sage, dann meine ich das wirklich so. Das letzte Schuljahr hat uns allen, aber vor allem den Kindern so einiges abverlangt. Heute möchte ich euch ein wenig darüber erzählen, wie es uns in den letzten Wochen und Monaten ging.

Einen Vorgeschmack gab es ja bereits letztes Schuljahr

Da befand sich der große Sohn noch auf seiner alten Schule. Man muss dazu wissen, dass in Berlin die Grundschule bis zur 6. Klasse geht und die Kinder dann mit der 7. Klasse auf die Oberschule wechseln. Hier entscheidet sich dann ob es ein Gymnasium oder eine Gesamtschule wird. Je nachdem, was man wählt, variiert ein wenig die Dauer bis man mit dem Abitur durch ist. Auf dem Gymnasium hat man ein Jahr weniger Schule.

Nun bot sich für uns aber aufgrund der Leistungen des großen Sohnes die Möglichkeit bereits nach der 4. Klasse auf die weiterführende Schule zu wechseln. Also die 5. Klasse bereits auf einem Gymnasium zu besuchen. Das war im letzten Jahr ein ziemlich großer Schritt und machte uns alle ganz schön nervös und ja, auch Angst. Und dann kam auch noch Corona als Bonus oben drauf. Die letzten Monate des alten Schuljahres auf der alten Schule verbrachte der große Sohn entweder im Homeschooling oder im Wechselunterricht mit Maske und verkürztem Schultag. Hinzu kam, dass die alte Schule digital noch nicht so gut aufgestellt war. Informationsabende an der neuen Schule fanden nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen statt und eine Chance die neue Klasse und Lehrerin im Vorfeld kennenzulernen gab es leider auch nicht. Dieser große und aufregende Schritt wurde für uns alle, vor allem für den Sohn, nur noch ungewisser und beängstigender. 

Doch erst einmal galt es das 4. Schuljahr halbwegs Schad frei zu überstehen. Berge an Papier mussten bewältigt werden, der Kontakt zu den Lehrern war recht wenig und auch die Kinder hatten wenig voneinander. Bei uns wuchs natürlich auch die Sorge, dass der Sohn Lücken dadurch aufweisen könnte, wenn er an die neue Schule kommt. Einzigen Vorteil, den wir darin sahen, bestand darin, dass er sich so schon im Vorfeld etwas von der alten Klasse lösen konnte und der Abschied dadurch einfacher werden würde.

Schon in den ersten Wochen an der neuen Schule zeigte sich für uns Erleichterung

Natürlich ist so ein Wechsel vor allem unter Corona-Bedingungen eine echte Herausforderung. Vor allem für den Sohn. Ich habe noch genau den ersten Schultag an der neuen Schule vor Augen. Wie nur ein Elternteil das Kind in die Schule begleiten durfte. Alle trugen Masken. Es gab keine Begrüßungsveranstaltung oder so. Wir wurden nur in einen Hinterhof umgeleitet, wo jedes Kind mit seinem Elternteil verunsichert stand. Keiner kannte sich oder erkannte sich. Wir waren uns alle fremd und warteten auf das, was kommen mag. Plötzlich stand eine Lehrerin in der Tür, kaum zu erkennen wegen der Maske. “Ich bin die neue Klassenlehrerin”, rief sie, damit jeder sie verstehen konnte, “ich nehme jetzt ihre Kinder mit und dann können sie sie um 13.40 Uhr wieder an der Schule abholen”. Und zack, weg war sie mit den Kindern und wir Eltern standen ratlos da. Ein komisches Gefühl und ich sah den Augen meines Sohnes an, wie unangenehm ihm das alles war. Dementsprechend holprig verliefen die ersten Wochen, aber sehr schnell merkte ich, dass er eine ganz tolle Klassenlehrerin bekommen hatte. Sehr motiviert, sehr engagiert und es zeigte sich auch in der schulischen Organisation, dass wir uns richtig entschieden hatten.

Diese Schule hatte nämlich einen technisch sehr interessierten Direktor, der jederzeit sehr bestrebt danach ist, dass die Schule die bestmöglichste Methode findet, um mit der aktuellen Corona-Situation umzugehen. Angefangen damit, dass die Kinder einen Onlinezugang zu einer Plattform haben, wo sie täglich ihren aktuellen Stundenplan, Hausaufgaben, Klausurtermine und Neuigkeiten einsehen konnten. Die Themen der Stunden waren dort hinterlegt und es gab Kontaktmöglichkeiten zu den Lehrern. Auf diese Plattform konnte dann schnell umgeschwenkt werden, als es plötzlich wieder ins Homeschooling gehen musste. Auch war der Direktor super schnell mit Tablets für Kinder ausgestattet, die welche fürs Homeschooling brauchten und noch viele andere Dinge fielen uns positiv auf.

Im Grunde hatte der Sohn im Homeschooling weiterhin nach Stundenplan Unterricht, hatte Meetings und vieles fand digital statt. Es war bei weitem nicht der Zettelkrieg, den wir im Vorfeld hatten. Auch hielt uns der Direktor immer mit kleinen Erklärvideos auf dem Laufenden.

Hört sich erst einmal toll an, aber es gibt immer ein kleines Aber…

Grundsätzlich waren wir wirklich sehr froh, dass wir uns entschieden hatten diesen großen Schritt mit dem frühzeitigen Schulwechsel zu gehen. Der Sohn hatte sich mit der Zeit trotz der erschwerten Corona-Bedingungen (und sicherlich nicht zuletzt dank einiger sehr engagierter Lehrer) gut eingelebt und Freunde gefunden. Es gab keinen totalen Leistungseinbruch und auch so kam er gut klar. Puuuh, Glück gehabt.

Aber natürlich gibt es immer ein kleines Aber, vor allem, wenn ich anfange einen ganzen Beitrag darüber zu schreiben. Das Aber besteht daraus, dass es eben noch einmal eine vollkommen andere Situation ist als es normalerweise gewesen wäre. Für alle Kinder. Überall. Angst und Unsicherheiten herrschten überall. Erst wurde den Kindern eingeredet, dass sie ihre Großeltern krank machen könnten, dann mussten sie anfangen Masken zu tragen, durften nirgendwo mehr wirklich hin und auch Kita war zeitweise gar nicht mehr möglich. Dann kommt nicht jedes Kind damit klar im Homeschooling zu sitzen. Manche wurden nicht richtig abgeholt, manche haben nicht den Luxus, dass Eltern zu Hause sein und sie unterstützen können. Das System muss ja nun mal weiter funktionieren, nicht wahr? Manche Kinder fielen regelrecht durch das Raster und verschwanden in diesem ganzen Homeschooling-Wahnsinn. Ich habe von vielen Eltern gehört, dass ihre Kinder verloren waren. Auch ich sage jetzt, dass ich zeitweise ehrlich dankbar dafür war, dass der Mann ebenfalls im Homeoffice sein musste, weil er so dem Sohn in Mathe helfen konnte, wo ich es nicht konnte. Mit mir alleine als Hilfe wäre der Sohn gnadenlos untergegangen bei dem einen oder anderen Thema und über ein kurzes Online-Meeting oder diverse Arbeitsbögen oder gar Onlineplattformen hätte er sich das auch nicht unbedingt alleine beibringen können.

Das ist aber nur ein kleines Thema von vielen…

Es zermürbte auf Dauer. Viele von uns. Es gab Phasen, wo wir alle vier Tag täglich aufeinander hockten, weil zwei zu Hause arbeiten mussten, einer nicht in die Kita durfte und ich gegen Windmühlen kämpfte. Es machte sich einfach bemerkbar, dass wir Tag für Tag aufeinander hockten. Die Stimmung war zeitweise echt gereizt.

Auch war es für den Sohn nicht einfach teilweise 8 Stunden vor dem PC zu hocken, den wir in weiser Voraussicht zu Beginn des Schuljahres angeschafft hatten. Die ständigen Meetings machten seinen Kopf irgendwann ganz breiig, die Konzentration fiel immer schwerer, weil nebenher von anderen Schülern gechattet wurde, das Einlogge-Chaos manchmal zuschlug oder es einfach auch für den Kopf anstrengend war einem Meeting nach dem anderen zu lauschen. Eigentlich sollte der Sohn vollständig über die Schule angeleitet werden, aber es dauerte keine zwei Wochen, da holte ich ihn zum Arbeiten zu uns an den Esstisch, damit er nicht vollkommen vereinsamte da an seinem Schreibtisch. Nach einem Monat war das Homeschooling auch gar nicht mehr so cool, wie am Anfang, sondern ihm fehlte die Schule. Sie FEHLTE ihm. Der Kontakt zu den Lehrern, die Zeit mit den Mitschülern. Was hat er sich gefreut, als es zumindest endlich wieder in den Wechselunterricht ging. Das war eigentlich sogar seine Idealvorstellung. Halbe Klassenstärke, konzentriertes GEMEINSAMES Lernen. 

Da konnte die Schule noch so gut organisiert sein. Es liegt einfach nicht jedem und das Soziale und Gemeinsame ersetzt es sowieso nicht. Auch die Lehrerin erzählte mir mal, dass sie eigentlich Lehrerin geworden sei, um mit Kindern zu arbeiten und nicht, um mit grauen Bildchen an einem PC zu reden. Das fand sie ganz schlimm. Sie liebt es mit den Kindern gemeinsam zu lernen und das spürt man auch. Wir lernten aber auch Lehrer kennen, die mit dem digitalen Arbeiten nicht viel anfangen können. An manchen Tagen saß der Sohn ewig vor dem PC und wartete auf seine Aufgabe. Manchmal kamen sie schon am Vorabend um 20 Uhr wo er eigentlich schon abschalten sollte, manchmal 2 Minuten vor Unterrichtsbeginn, manchmal auch erst deutlich später. Sich da zu organisieren war manchmal nicht wirklich einfach.

Wir Eltern sind keine Lehrer und zu Hause ist keine Schule

Das mussten wir immer wieder feststellen. Eltern als Menschen zu Hause zu haben, die einem neuen Stoff vermitteln sollen, der bei ihnen selber teilweise sogar schon 20 Jahre oder mehr zurück liegt, das ist für Kind wie auch Eltern eine echte Herausforderung. In manchen Bereichen hat sich da in den Jahren auch so einiges getan und vieles, was wir gelernt haben ist heute einfach mal nicht mehr so. Oder auch die Tatsache, dass der Sohn an seiner neuen Schule eine tote Sprache lernt, die ich nie hatte. Latein ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Zu Anfang dachte ich noch, dass wir das einfach zusammen lernen, merkte aber schnell, dass mir der praktische Unterricht aus der Schule dazu fehlte, den der Sohn am Anfang ja noch hatte, wodurch er die Sprache schnell und gut verstand. Diese neue Sprache dann aber im Homeschooling im Alleingang weiter zu lernen, ist schon wieder eine ganz andere Nummer…

Es gab einfach Bereiche, in denen uns deutlich wurde, dass sie zu Hause nicht aufgefangen werden konnten. Auch tat es uns nicht immer gut. Mit Mama und Papa zu lernen ist eben doch nochmal ganz anders als mit einem Lehrer und in einer Klassengemeinschaft, wo man gemeinsam Fehler macht und Lösungen findet. Ich glaube der Druck für ein Kind vor und mit den Eltern Fehler zu machen ist deutlich größer als in der Schule und hat in manchen Situationen für Hindernisse gesorgt.

Auch war die Grenze zwischen Schule und Freizeit zu Hause einfach nicht so klar und deutlich gegeben, wie wenn man das Schulgebäude verlässt und nach Hause kommt. Zu Hause war nun irgendwie auch immer noch den ganzen Tag ein Lernraum. Immer wieder kamen Nachrichten rein oder das Geübte vom Vormittag lag noch sichtbar rum. Dabei finde ich es so wichtig, dass das Kind eben doch einen Raum hat, wo es Schule hinter sich lassen kann.

Mag sein, dass viele damit super klar kamen, ich für meinen Teil hoffe wieder auf mehr Präsenz

Natürlich unter den gegebenen idealen Voraussetzungen. Ich muss auch immer dazu betonen, dass wir nicht klagen können. Der Mann hat einen Beruf in dem Homeoffice möglich ist, ich bin zu jeder Zeit verfügbar für meine Kinder. Das ist eine Luxussituation und das ist mir bewusst. Ebenso wie die Tatsache, dass wir einen Garten vor der Türe haben, in den die Kinder jederzeit zum Luft schnappen gehen können.

Wir haben auch viel dafür getan, dass wir unter diesen Bedingungen leben können und sind dankbar für die Möglichkeiten die wir haben, die eben nicht jedem offen stehen. Und sollte es wieder ins Homeschooling gehen, dann ist es eben so und wir machen das Beste daraus. Nichts desto trotz hat diese Zeit, diese letzten Wochen und Monate viel mit uns gemacht. Wir sind als Familie zwar nochmal ganz anders und intensiver zusammen gewachsen, aber es hat uns auch viele schwere Tage beschert, an denen wir abends kaputt ins Bett gefallen sind und diese Tage dauerten manchmal Wochen an. 

Es hat viel mit meinen Kindern angerichtet, obwohl wirklich alle ihr Bestes gegeben haben. Manchmal habe ich mir wirklich Sorgen gemacht, wenn ich merkte, wie schnell sie traurig oder gereizt waren. Da half es auch nicht mehr, dass die Brüder einander hatten. Irgendwann können sie sich auch nicht mehr das geben, was ihnen fehlt und wir Eltern schon gar nicht, denn wir sind eben die Eltern und nicht die Freunde, die ihnen so fehlten oder die Lehrer oder Erzieher, die ihnen aus speziellen Situationen heraus helfen konnten.

Corona

Wir sind dankbar für die Ferien, die nun kommen…

Das Jahr ist nun überstanden. Wir haben es erst einmal geschafft und atmen nun 6 Wochen durch. Verdient, denn wir haben alles gegeben. Vor allem die Kinder. Ich hoffe dieser Sommer wird sie entlohnen für all das, was in den letzten Monaten auf der Strecke blieb, für all den Verzicht und das Einbüßen.

Gespannt sind wir natürlich nun auf das Zeugnis. Das Halbjahreszeugnis fiel noch sehr gut aus. Aber da war es für die Lehrer ja auch noch deutlich einfacher Noten für die Kinder zu erstellen. Sie hatten direkten Kontakt mit ihnen, konnten Tests schreiben, sich mit ihnen austauschen, haben sie gesehen und gesprochen. Das war im zweiten Halbjahr nun natürlich deutlich schwieriger und auch technisch nicht immer einfach umsetzbar. Irgendwann war auch die Luft raus und als dann der Wechselunterricht kam musste viel aufgeholt werden, was auch nochmal schwer war, weil alles auf einmal kam.

Ich bin wirklich gespannt, wie die Lehrer mit dieser schweren Zeit und diesen schweren Voraussetzungen umgegangen sind und was sie daraus ziehen konnten. Ich sage es ehrlich: In Zeiten wie diesen möchte ich nicht mit ihnen tauschen. Es muss eine wirklich unvorstellbare Herausforderung auch für die Lehrer gewesen sein das alles zu bewältigen und mit den ständigen Änderungen von Senat und Co umzugehen und ich bin mir sicher, dass die meisten von ihnen wirklich ihr Bestes gegeben haben.

Ich hoffe, dass die Entwicklung in den nächsten Wochen nun dahin geht, dass es nach dem Sommer wieder ein bisschen normaler weitergehen darf, auch wenn ich noch nicht so recht daran glaube. Aber ein bisschen Hoffen schadet ja nie, oder? Und so ganz ohne Corona wird es wohl nie wieder sein…

Wie erging es euch im letzten Schuljahr? Wie konntet ihr Schule und Co unter diesen Corona-Bedingungen bewältigen? Wie geht es euch heute?

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1 Kommentar

  1. Maru says:

    Vor allem das ständige Hin und Her war wirklich zermürbend. Wir zählen auch schon die Zeit bis zum Urlaub. 😜

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