Laufen

Gedanken beim Laufen…

Seit Freitag war ich nicht mehr laufen. Das ist grundsätzlich nicht schlimm, denn es tut dem Körper zwischendurch ja auch mal gut sich regenerieren zu dürfen und es gibt viele Bereiche in meinem Leben, in denen ich gelernt habe unnötigen Druck rauszunehmen. So auch beim Laufen. Als ich das während Corona anfing, gab es eine Phase, in der ich wirklich jeden Tag laufen gegangen bin. Rückblickend war das für meinen geschundenen Körper ganz schön verrückt und ich staune heute, dass ich das so gut ausgehalten habe. Aber da war der Antrieb auch ein wenig anders. Es war einfach ein nötiger Ausgleich zu einem Alltag, der vor allem aus zu Hause sein bestand. Ihr erinnert euch sicher genauso gut daran. Kinder im Homeschooling, der Mann im Homeoffice, wir alle saßen den ganzen Tag aufeinander und raus durfte man nur um seinen Hund auszuführen oder um eben Sport zu treiben. Das Laufen wurde zu meinen täglichen 30 Minuten Ich-Zeit, in der ich mit meinen Gedanken einfach allein sein durfte.

Ich weiß noch gut, wie ich meinen Personalausweis immer in der Handyhülle mit mir herum tragen musste, falls man angehalten wurde und sich ausweisen musste. Verrückte Zeiten. Kaum zu glauben, dass das alles eigentlich noch gar nicht so lange her ist und viel erschreckender, wie schnell doch die Normalität wieder eingekehrt ist. Oh man…

Aktuell ist mein Ziel drei Mal die Woche laufen zu gehen

Derzeit bin ich an dem Punkt, dass ich der Meinung bin, dass es vollkommen ausreicht, wenn ich drei Mal die Woche die Laufschuhe anziehe. Unabhängig davon, wie lang die Strecke ist, die ich laufe. Klar war ich natürlich stolz zu sehen, wie damals meine Zeiten immer besser und besser, die Strecken immer länger und länger wurden, aber auch da bin ich entspannter geworden. Gerade, wenn ich sehe, dass sich mein Puls eigentlich immer im roten Bereich befindet und das ist eigentlich gar nicht so toll.

Daher versuche ich nun bewusster zu Laufen. Vor allem, nachdem es 2023 viele Gründe gab, wegen denen ich immer wieder aussetzen musste (Läuferknie, Fersensporn, usw…), will ich es jetzt richtig machen. Und wichtig ist mir hierbei die Regelmäßigkeit und dass ich beim Laufen nicht immer denke, ich sterbe gleich. Bewusst laufen und dabei auf einen guten Puls achten und das alles eben mit Yoga usw. kombinieren und ich muss sagen, das klappt eigentlich ganz gut.

Nun habe ich diesen Beitrag aber deutlich länger eingeleitet, als eigentlich der Plan war, denn ich wollte heute über die Gedanken sprechen, die mir beim Laufen so durch den Kopf gehen…

Ich war nun also mehrere Tage nicht laufen

Die letzten Tage stand ich immer wieder da. Bereit zu laufen. Ich hatte sogar Laufsachen an. Und dann verquatschte man sich doch wieder mit anderen Eltern. Der kleine Sohn war deprimiert und anstatt, dass ich den Heimweg joggte, ging ich ihn mit ihm zurück, damit er etwas Frust ablassen konnte. Anstatt den geplanten Abendlauf zu machen, werkelte ich im Garten und – wie immer – fühlte ich mich danach wie erkältet, weil Gartenarbeit das bei mir einfach IMMER so auslöst, so dass die Schuhe am Ende wieder ungenutzt in den Schrank wanderten.

Aber heute früh, da stand ich auf und war fest entschlossen: Der Abstand zum letzten Lauf sollte nicht noch größer werden. Ich zog die (inzwischen ziemlich ausgelatschte) Laufhose aus dem Schrank, zog die Laufjacke über und packte die Brotdosen für die Schule für die Kinder. Nachdem ich den großen Sohn zum Bus gebracht hatte und einen ersten Wettercheck hinter mir hatte, gab es ein erstes Fazit für das, was nun auf mich zukommen sollte: 1. Es war ganz schön frisch und grau da draußen und 2. würde das endlich mal wieder ein Klima sein, bei dem ich ganz gut Luft bekommen würde beim Laufen. Aber vor allem war mir in meinen Laufsachen erst einmal eines: Kalt. Brrr…

Zum zweiten Mal verließ ich nun mit dem kleinen Sohn das Haus. Zeit auch für ihn nun zur Schule zu gehen. In der Jackentasche etwas Kleingeld für Brötchen, Kopfhörer und mein Handy. Bibbernd lief ich mit dem kleinen Sohn den Weg und konnte es kaum erwarten los zu laufen, damit mir endlich warm werden würde. Zottelzopf, ungeschminkt, müder Blick. So stand ich auf dem Schulhof und wartete mit dem Sohn auf die Lehrerin und dann konnte es losgehen.

Langsam lief ich los…

Seit etwas über einem Jahr nutze ich nun die geführten Läufe einer App. Diese sind sehr unterschiedlich und eine Kombination aus Musik und dem Gequassel eines Coach. Manche Läufe sind lang und langsam (Regenerationsläufe), manche sehr schnell, andere gestaffelt und die Abwechslung ist wirklich sinnvoll, anstatt immer nur den gleichen ewigen 5 km Lauf zu machen. Das habe ich tatsächlich für mich gelernt. Auch auf meine Körperhaltung zu achten, das Tempo mal zu drosseln, wenn man nur noch ins Hecheln verfällt. Seit den geführten Läufen “renne” ich nicht mehr meine Topzeit sondern bin bei einer gesunden Durchschnittszeit angekommen, aber noch immer gelingt es mir nicht immer den Puls im gelben oder grünen Bereich zu halten.

Ich laufe also los. Heute habe ich mich für einen 32 Minütigen Lauf entschieden, bei dem mir zwei Coachs im Gespräch miteinander darüber erzählen, wie wichtig es ist die eigenen Hürden zu überwinden und dass alleine schon die Entscheidung laufen zu gehen eine solche sein kann. Ha, denke ich, erste Hürde für heute also schon geschafft. Nächster Gedanke: Uff, die Brüste fühlen sich heute verdammt doof beim Laufen an. Ja, das habe ich euch jetzt tatsächlich erzählt *lach*. Aber manche unterschätzen wirklich, wie wichtig es ist die richtige Kleidung beim Laufen zu tragen. Ich habe bestimmte Sportoberteile, die halten alles ganz fest am Körper und das macht so einen Unterschied. Meine Erkenntnis heute also: Dieses Bustier kann nun langsam aussortiert werden. Es erfüllt seinen Job nicht mehr so gut (und vielleicht kündigt sich auch die Erdbeerwoche an, wer weiß…aber das werden jetzt wohl vor allem die weiblichen Leserinnen hier verstehen). 

Laufen
Wuschelkopf und rot im Gesicht…

Die Nächsten 3-4 Minuten überlege ich, ob ich das unter diesen Voraussetzungen überhaupt schaffe

Da ist sie also, die nächste Hürde. Kann ich mein Ziel (4-5 km) so überhaupt stemmen? Oh man… Aber erst einmal laufe ich weiter. Manchmal wird es nach ein paar Minuten besser. Auch die Beine fühlen sich am Anfang oft schwer an und dann ist diese Schwere ganz plötzlich, von einem Moment zum anderen, weg und man fühlt sich viel leichter beim Laufen. es ist faszinierend. Dabei tönt es in meinen Ohren “Denk daran, wie wichtig es ist einen Lauf langsam zu beginnen. Das Tempo kommt von ganz alleine”. Das kann ich übrigens bestätigen. Oft denke ich, dass ich über die Wege schleiche, aber die Zeitmessung sagt nachher etwas ganz anderes und mit einem Blick auf meine Uhr kann ich live verfolgen, wie die Zeit von Kilometer zu Kilometer stabiler wird und meine Beine danken es mir wirklich immer wieder, dass ich sie nicht gleich von Anfang an herausfordere, sondern erst einmal warm werden lasse. Wie sagt der Coach immer? Nun weiß der Körper, was er zu tun hat.

Inzwischen bin ich bei Kilometer zwei angekommen. Mir ist nicht mehr kalt, die Schwere der Beine hat sich gelöst und das Gefühl im Oberkörper ist zwar nicht ganz weg, aber doch besser geworden. Hat sich scheinbar eingependelt. Ich laufe an einer Joggerin vorbei. Wir nicken uns zu. Das macht man scheinbar so, denn das passiert mir immer wieder, so dass ich es inzwischen auch einfach mache. Während ich In-Ear Kopfhörer trage und gerade einem Lied von Mary J.Blige lausche (das macht übrigens Laune), hat sie kabellose Kopfhörer auf, die die Ohren bedecken. Wieder einmal frage ich mich, ob das beim Laufen wirklich angenehm ist. Ich mag es nämlich gar nicht, wenn ich zu viel an mir dran habe beim Laufen. Aber ich finde solche Kopfhörer wirklich toll und ich überlege, ob ich es beim nächsten Mal nicht einfach versuche.

Neulich sah ich auch eine Joggerin mit einem Gürtel, durch den sie zwei Trinkflaschen auf dem unteren Rücken transportieren konnte. Nach Stand jetzt würde mich dieses Gewicht am Rücken total nerven. Ich kann es wirklich schwer nachvollziehen. Ich muss bei Gelegenheit mal jemanden finden und fragen, wie sich das anfühlt. Für mich ist es schon ein Rätsel, wie der Mann mit vollen Jackentaschen laufen gehen kann. 

Links oder rechts abbiegen?

Inzwischen bin ich an einem Punkt angekommen, wo ich mir vorstellen kann doch auf die 5 km heute zu kommen. Am Anfang habe ich da echt noch dran gezweifelt, aber hey, wir wollen hier und heute ja Hürden überwinden, oder? Also dreht sich der gesamte nächste Kilometer bei mir darum, welchen Weg ich jetzt am Besten laufe, um auf diese 5 km zu kommen ohne einen gigantischen Umweg zum Einkaufsladen zu gehen. Wenn ich den ursprünglich geplanten Weg laufe (ich nicke einem Jogger zu, der ein T-Shirt mit einer lustigen Aufschrift trägt… ich habe sie nur leider vergessen), müsste ich demnächst links abbiegen, aber dann würde das nicht hinhauen. Also doch erst einmal geradeaus weiter. Aber dann kommen so blöde Anhöhen, die ich eigentlich gerne vermeide. Was solls… Plötzlich rast ein kleiner Terrier in einem Wahnsinnstempo an mir vorbei.

Meine Uhr vibriert. Wir haben Kilometer 4 geschafft. Die Strecke, die ich nun noch vor mir habe, reicht noch immer nicht ganz aus, also beschließe ich ein Experiment zu wagen und einen Weg zu gehen, den ich sonst eher für einen Spaziergang mit dem Mann nutze. Gejoggt bin ich ihn noch nie. Dabei komme ich durch eine Straße, wo viele Häuser stehen, die mir von der Art her total gut gefallen. Mit wilden Steinmauern, schönen Fassadenfarben, niedlichen Gärten. Kleine Traumhäuser. Als ich in die Straße einbiege, frage ich mich, wie es wohl im Winter hier aussieht, wenn alles durch Weihnachtsdeko beleuchtet ist. Huch, wie bin ich denn jetzt schon wieder in der Weihnachtszeit gelandet?

Ein mal den Kopf schütteln, um die Gedanken frei zu bekommen. Plötzlich ein komisches Gefühl am Fuß. Verdammt, der Schnürsenkel ist aufgegangen. Nun lautet die große Frage: Einfach weiterlaufen, ich bin ja bald da oder kurz stehen bleiben und den Schuh zu machen. Ich entscheide mich schließlich für Variante 2, denn ich merke, wie der Schuh immer lockerer wird. Das nervt mich jetzt, denn ich hätte gerne durchgezogen. “Dein Lauf pausiert”, sagt die Stimme der App automatisch in meinem Ohr, denn sie registriert, wenn man sich nicht weiter vom Fleck bewegt. “Lauf wird fortgesetzt”, jubelt sie, als ich leichten Schrittes weiter laufe. Ok, die Muskeln haben sich scheinbar über die kurze Unterbrechung gefreut.

“Nur noch wenige Minuten”, sagt der Coach in meinem Ohr und Coldplay sorgt nebenbei für gute Laune. 

Ja, die Musik hat wirklich einen großen Einfluss auf einen Lauf

Das merke ich immer wieder. Bestimmte Lieder sorgen nochmal für neuen Schwung und man passt automatisch seinen Laufrhythmus daran an. Es ist schon faszinierend. Ich biege in die letzte Straße vor dem Einkaufsladen ein. Der Coach spricht von erbrachten Leistungen und davon, dass man stolz auf sich sein kann. Ich bin einfach nur froh, dass ich mich dafür entschieden habe und stelle fest, dass ich mich verschätzt habe mit der Strecke. Die 5 km werden voll sein, bevor ich an der anvisierten Ampel bin. “Neeeee, jetzt ziehst du noch bis zur Ampel durch”, sage ich mir und obwohl der Countdown in meinem Ohr schon läuft, laufe ich weiter, nur um dann direkt an der Ampel den Knopf an meiner Uhr zu drücken. Lauf beendet.

Immerhin 5,16 km sind es heute geworden. Noch ist mir warm. Ich überquere die Ampel, nehme dabei die Haarspange raus und wickle die Harre neu rein. Die haben sich nämlich beim Laufen auch noch gelöst. “Als ob man mich heute ärgern wollte”, denke ich so bei mir. Erst das unwohle Gefühl im Oberkörper, dann fallen die Haare aus der Spange und schließlich geht der Schuh auf. Aber hey… ich hab mein Ziel erreicht, meine Hürde überwunden und bin dabei zeitlich auch absolut im Rahmen geblieben. Was mich jedoch viel mehr gefreut hat war, dass der Puls fast die ganze Zeit unterhalb des roten Bereiches geblieben ist. Juchuuu…

Verwuschelt auf dem Kopf und rot im Gesicht betrete ich den Laden. Mir ist es inzwischen egal, wie ich aussehe in solchen Momenten, denn man sieht ja, dass ich vom Laufen komme. Ich hole eine Schale Erdbeeren, greife mir zwei Brötchen und etwas Käse und gehe an die Kasse. 

Lauf Nummer eins diese Woche geschafft und nachher machen wir noch eine Runde Yoga. Darauf freue ich mich jetzt auch schon…

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4 Kommentare

  1. Interessant… Ich hab Ende September angefangen mit dem Laufen, nicht als Haupt-Sport, sondern als Abwechslung zum Schwimmen – was ich typischerweise 2x pro Woche zur Hallenbadzeit und 3x zur Freibadzeit mache – und größere Herausforderung, denn mit dem Schwimmen komm ich mit dem Puls höchstens in die Mitte vom grünen Bereich 3 (von 5, wie sie Apple Fitness einteilt) oder kurzzeitig höher, wenn ich eine oder zwei Bahnen an einer etwas schneller schwimmenden Person dranbleiben will. :)

    Entsprechend laufe ich auch nicht so oft, im Mai etwa nur 2x, und je wärmer, desto seltener, und für 5 km ohne Geh-Phase hat’s auch noch nicht gereicht… aber eines Tages bestimmt.

    Vielleicht sollte ich es auch mal mit Musik versuchen, aber bisher laufe ich halt so wie ich grad Lust hab und beobachte den Puls, da wäre eine Musik, die mich zu sehr antreibt, auch nicht das Wahre, aber das wäre wohl auch auszupropbieren…

    1. Sarah Kroschel says:

      Oh ich hab früher verschiedene Musiklisten zum Laufen auf Youtube genutzt. Da gibt es welche für langsame Pulsläufe und welche für schnellere und ich merke immer wieder, dass der Musikrhythmus viel Einfluss nehmen kann.
      Ich finde Intervall perfekt, um ins Laufen rein zu kommen. So habe ich vor Jahren auch angefangen. Ein 30 Minuten-Lauf, wobei der Ablauf war 5 Min Gehen (zum Warm werden), 2 Minuten Joggen, 2 Minuten gehen, 3 Minuten joggen, 2 Minuten gehen, 4 Minuten joggen, 2 Minuten gehen, 3 Minuten Joggen, 2 Minuten gehen, 2 Minuten Joggen und am Ende wieder 5 Minuten auslaufen. Irgendwann konnte man die eine oder andere Gehpause weglassen und am Ende schaffte ich die ganze Strecke ohne Unterbrechung. Und wenn ich jetzt mal aus irgendeinem Grund nicht kann, dann versuche ich immer über irgendeine Intervall-Variante wieder reinzukommen bis ich wieder durchlaufen kann. Schwimmen will ich auch unbedingt noch dazu nehmen. Hier wird ein Schwimmbad gebaut, aber gefühlt schon ewig. Ich warte sehnsüchtig darauf, dass die endlich fertig werden.

  2. Liebe Sarie,
    Wahnsinn, bei so vielen gedanken kannst Du überhaupt nicht enspannen … :-)
    Aber ich känne das… nur damals wo ich noch ein wenig gejjpgt habe haben mich nur Negative Gedanken begleittet …
    Ich fragte mich im Kopf schon nach halben km was ich in dem Moment mache und wieso ich länger im Bett nicht geblieben bin. Ich liebte (Damals) früh am Morgen zu Laufen.
    Inzwischen sind ein paar Jahre vergangen … durch die Corona habe ich ein paar kg zugenommen nd das Laufen war einfach zu ansträngend für mich.
    Jetzt oder besser gesagt letztes Jahr, mache ich sehr gerne lange Süaziergänge mit Kamera und ohne jegliche Ziel. Aber das werde ich nach der Klinik wieder Aufnehmen …

    Liebe Grüße udn viel Kraft und Gesundheit bei dem Bewegung
    czoczo

    1. Sarah Kroschel says:

      Aber genau das ist auch befreiend. Man ist ganz bei sich und kann den Gedanken einfach mal ganz in Ruhe nachgehen. Aber ich brauche Musik dazu auf den Ohren. In absoluter Stille und nur mit diesen Gedanken und meinem Gehächel wäre das auch nichts für mich. Immer wenn mir das Laufen körperlich zu anstrengend wird, gehe ich in den Intervall-Modus zurück. Das ist immer wieder gut, um langsam zurück zu finden.

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