Drehen wir die Zeit mal 20 Jahre zurück. Sportunterricht in der Oberschule. Jedes Jahr wieder in der warmen Jahreszeit stand Leichtathletik auf dem Stundenplan. Das hieß so weit wie möglich in die Sandgrube hüpfen, die Kugel oder den Speer am besten ans andere Ende des Platzes stoßen, den Ball möglichst weit werfen (hier war ich übrigens immer gut und konnte “wie ein Junge” werfen) und laufen. So schnell es geht die kurzen Strecken und so gut es ging die langen.
Den Sprint bekam ich immer irgendwie ganz gut hin. Die kurzen Strecken lieferte ich immer relativ gut ab, aber ich war froh, wenn ich den Langlauf vermeiden konnte. Wenn der Lehrer zur Begrüßung ein “Wir laufen erst einmal 5 Runden um den Platz zum Aufwärmen” schmetterte, war für mich der Tag schon gelaufen. Oh man… das ging wirklich gar nicht.
Ich war kein unsportliches Kind, wirklich nicht!
Ich tanzte viele Jahre Ballett, machte beim Modern Dance mit und hatte zeitweise sogar Akrobatik-Unterricht. Ich war eine kleine Schneeflocke in der Winteraufführung und ein Eichhörnchen in Schneewittchen. Doch der Traum nach den roten Spitzenschuhen erfüllte sich nie, auch wenn ich eine Zeit lang in Freundebücher als Berufswunsch “Prima Ballerina” eintrug. Auch die Steppschuhe blieben aus, als ich am Modern Dance teilnahm, wo es hieß, dass das Bestandteil davon sein würde und irgendwann war die Luft einfach raus. Es machte keinen Spaß mehr. Aber diese Geschichte sei jetzt nur mal am Rande erzählt.
Grundsätzlich stellte ich mich im Sportunterricht nicht doof an. Ich kam die Stangen hoch, konnte über den Bock springen und den Sprint in einer guten Zeit abliefern. Aber dieses Runden laufen… wirklich, ich habe es gehasst. Spätestens nach einer Runde war Schluss bei mir und ich spazierte den Rest entweder oder sackte endgültig auf dem Boden zusammen, weil es einfach nicht ging. Viele Jahre hatte ich allerdings auch starke Beschwerden in den Knien. Diese wurden erst so richtig mit Mitte/Ende 20 besser und das lag sicherlich auch zum Teil daran, dass ich damals meine Gewichtsprobleme anging, aber nicht ausschließlich. Den einen oder anderen Arzt lernte ich wegen dieser Beschwerden durchaus kennen. So viel also zu meiner sportlichen und gesundheitlichen Vorgeschichte…
Wenn ihr das nun lest, könnt ihr euch sicherlich denken, dass das Laufen nie wirklich zu meinen bevorzugten Sportarten gehören würde.
Im Laufe der Jahre versuchte ich es immer wieder mal, aber so richtig warm wurde ich damit nicht. Es war einfach anstrengend, unglaublich langweilig und Luft bekam ich auch schwer. Die Belastung hielten meine Beine kaum aus und so verwarf ich die kleinen Versuche recht schnell wieder und suchte mir etwas anderes.
Mit dem Rad fahre ich zum Beispiel gerne und viel und als wir vor ein paar Jahren den Stepper für mich anschafften, wurde ich von vielen belächelt. “Man kauft sich so etwas immer und am Ende steht es doch mehr rum, als dass man es tatsächlich nutzt”, sagten sie, doch der Stepper ist hier seitdem wirklich ständig in Benutzung. Man darf solche Sachen einfach nicht zu weit weg stellen. Es stimmt schon: Aus den Augen, aus dem Sinn.
Zu Fahrrad und Stepper gesellten sich noch Yoga und hin und wieder Pilates Übungen, die ich gerne für mich machte, wenn sich mal kleine Zeitfenster boten. Es gibt so viele schöne Videos dazu im Internet und ich kann euch in der Hinsicht nur immer wieder Mady Morrison und Fit mit Anna empfehlen. Zweitere ist leider in der Versenkung verschwunden, aber ich mag ihre Fitness-Videos. Ihr seht also, ich war in den letzten Jahren durchaus sportlich aktiv. Nur das Laufen wollte mir nie so richtig zusagen.
Und dann kam der Lockdown 2020 – Irgendetwas musste ich tun!
Als im März 2020 der erste richtige Lockdown ausgesprochen wurde, wo es hieß, dass wir die Häuser nur noch mit einem triftigen Grund verlassen dürften, da tat sich etwas in mir drin. Spazieren gehen und Sport an der frischen Luft waren irgendwie erlaubt und diese frische Luft brauchten wir. Jeden Tag. Auf jeden Fall. Also gingen wir jeden Tag spazieren. Große Runden, kleine Runden. Zu Hause nutzte ich weiter meine Ressourcen, aber das Wetter wurde immer schöner, Themen wie Homeschooling und Co immer nerviger und zermürbender. Dieses Gefühl auf der Stelle zu treten breitete sich immer mehr aus. Am Ende waren es zwei Faktoren, die dafür sorgten, dass ich es nochmal versuchen wollte und ein Zufall, der schließlich den Anstoß dazu gab.
01. Die Angst im Lockdown unnötig zuzunehmen. Ja, klingt doof, ist aber so. Die Vorstellung nur zu Hause festzusitzen und sich kaum bewegen zu können machte mich nervös. Im Laufe der Jahre seit meiner massiven Abnahme, hatte ich mich durchaus zu einer sehr aktiven Person entwickelt, die nicht mehr nur noch den ganzen Tag zu Hause sitzen konnte. An der Stelle spielte dann übrigens auch die Fastenzeit-Challenge mit rein. Das war sehr motivierend.
02. Zeit zum Kopf frei bekommen. Wenn man Tag für Tag aufeinander hockt und quasi gar keine Zeit nur für sich hat, dann macht das was mit einem. Schule zu, Kita zu, dazu Berge an Papieren, die man täglich mit dem großen Kind durcharbeiten musste, dazu Haushalt und all die anderen Dinge, die einen beschäftigen. Da auszubrechen, das war nicht einfach.
Und so kam es, dass ich einen Tag, als der Mann von der Arbeit nach Hause kam, mir Sportsachen anzog und verkündete, dass ich jetzt eine kleine Runde laufen gehen würde. Das war ja mit das Einzige, was man derzeit an der frischen Luft tun durfte. “Ich laufe einfach los und schaue, wie weit ich komme”, sagte ich dem Mann und zog die Tür hinter mir zu. Und so nahm das Ganze seinen Anfang.
Wie ich den richtigen Einstieg fand
Schon eine ganze Weile vor mir fand übrigens meine Schwester ihren Weg zum Laufen und war für mich eine große Inspiration. Ähnlich wie bei mir gab es nämlich Faktoren, die ihr die Sportart “Laufen” erschwerten und als ich sah, dass sie diese überwinden konnte, fühlte ich mich motiviert es auch zu versuchen. Immer wieder mal, aber ich gab relativ schnell auf. Irgendwann hatte ich mal so ein Schlüsselerlebnis, wo ich plötzlich ungeplant 3km am Stück laufen konnte. Einfach so. Das war ein großartiges Gefühl und das rufe ich mir an schwierigen Tagen immer wieder ins Gedächtnis.
Am Ende war es aber ein kleiner Zufall, der für den richtigen Einstieg sorgte. Ich hatte viele Gespräche mit meiner Schwester über ihre kleinen Erfolge geführt und sie gab mir einige Tipps, die mir dabei helfen sollten vielleicht doch noch den Weg zum Laufen zu finden. Unter anderem Sprach sie zum Beispiel vom Intervall-Laufen. Auch das hatte ich schon vorher mal probiert, weil ich dachte, dass ich so wenigstens etwas tun würde. Eine App piepte im Wechsel alle 1-2 Minuten und ich wechselte zwischen zügigem Laufen und Joggen hin und her. Als der Mann mir eine neue Fitnessuhr besorgte, damit ich meine Schrittzahl im Auge behalten konnte, entdeckte ich dann letztes Jahr in der dazugehörigen App ein Intervall-Programm zum Einstieg und erinnerte mich an die Worte meiner Schwester.
Als nun dieser Tag kam, an dem ich spontan das Haus verließ, um einfach mal 30 Minuten nach Homeschooling und Co den Kopf frei zu bekommen, besann ich mich dieser App und aktivierte das Anfänger-Intervall-Programm. Die Zeitabschnitte waren so gestaffelt, dass man ungefähr 33 Minuten unterwegs sein würde. Passt, also drückte ich auf Start und lief los. 5 Minuten warm walken, dann 3 Minuten joggen, 2 Minuten Speedwalking, 4 Minuten joggen usw… am Ende wieder 5 Minuten auslaufen. Das sollte doch irgendwie machbar sein. Der Mann war überrascht, als ich tatsächlich über eine halbe Stunde weg war. Und es lief gut. Überraschend gut. Und machte Spaß.
Ich glaube das angenehmste in dem Moment war einfach mal aus dem bis dahin sehr anstrengenden Lockdown-Alltag auszubrechen, einfach mal mit seinen Gedanken alleine zu sein und die viele frische Luft und Atmosphäre tief in sich aufzunehmen. Immerhin brach der Frühling gerade an und da riecht die Luft immer ganz anders.
Mit Intervall-Laufen sich langsam steigern
Wer es mal mit Laufen versuchen möchte, dem kann ich das Intervall-Laufen wirklich sehr ans Herz legen zum Einstieg. Viele Fitness-Apps haben verschiedene Programme mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden, so dass sicherlich jeder für sich das passende zum Einstieg findet. Keiner sagt, dass man direkt von heute auf morgen zum Marathonläufer wird. Davon bin ich auch noch immer weit entfernt, aber nach nun ca. 9 Monaten kann ich sagen, dass es zumindest mir beim Einstieg sehr geholfen hat.
Es ist ein gutes Gefühl in Bewegung und an der frischen Luft zu sein und man macht sich dabei nicht unnötig kaputt. Keinen Stress machen, nicht denken man hätte versagt, nur weil man zwischendurch mal läuft statt zu joggen. Lasst wieder Luft in die Lungen kommen. Die Hauptsache ist, ihr seid in Bewegung und jede Bewegung hilft.
Ein Athletik-Trainer, den wir durch Fußball kennengelernt haben, gibt uns immer wieder gerne den Tipp “Wer schnell laufen will, muss erst einmal langsam laufen”. Das Tempo kommt nämlich mit der Zeit von ganz alleine und es stimmt. Ohne es darauf angelegt zu haben, haben sich in den letzten Monaten meine Zeiten sichtlich verbessert und die Intervalle sind immer weniger und seltener geworden und immer häufiger brauche ich sie gar nicht mehr. Erlauben tue ich sie mir an anstrengenden Tagen aber dennoch. Ich sage mir immer wieder, dass ich das vor allem für mich und nicht für irgendjemand anderen mache und wenn mir heute weniger Tempo und mehr Pausen gut tun, dann mache ich das.
Was bei mir durchaus auch mit der Zeit eine Rolle gespielt hat, das war die Tageszeit. Eine ganze Zeit lang konnte ich am Morgen besser laufen, als am Abend. Das hängt allerdings auch stark mit den Temperaturen und der Luftfeuchtigkeit ab. So oder so ist eine Zeit gut, in der der Bauch nicht zu voll, aber der Wasserhaushalt schon gut gefüllt ist. Das hat sich bei mir bewährt.
Inzwischen habe ich eine gute Sportroutine entwickelt
Was ich übrigens auch gelernt habe ist, dass man unbedingt zum Laufen einen Ausgleich haben sollte. Wenn man nämlich nur läuft, dann verkürzen büßt man ganz schön an Flexibilität ein. Als ich zum Beispiel nur Yoga machte, fühlte sich mein Körper deutlich beweglicher an. Davon habe ich viel verloren in den Zeiten, in denen ich den Schwerpunkt auf das Laufen gelegt habe. Es gibt so kleine Lektionen und Erfahrungen, die wohl jeder in seiner Laufbahn so sammeln muss. In meinem Fall war es die Erfahrung, dass ich plötzlich nicht mehr meine Zehen berühren konnte *lach*. Daher habe ich dahingehend meine Sportroutine angepasst und nehme mir nun jede Woche vor 3 Mal laufen zu gehen. Dabei ist es aber vollkommen egal, ob ich nun 4 oder 8 Kilometer laufen gehe und ob ich dabei nun 5,3 oder 6,2 Minuten pro Kilometer brauche und ob der Lauf mit oder ohne Intervall-Einheiten ist. Hauptsache bewegen, Hauptsache an die frische Luft und Hauptsache ein wenig Me-Time zulassen.
Das Laufen ist mir nämlich in der Hinsicht zu einem sehr liebgewonnen und wichtigen Bestandteil der Woche geworden. Es ist diese Zeit, wo ich mit meinen Gedanken und mit mir wirklich vollkommen alleine bin. Wollte ich anfangs immer gerne mit jemanden zusammen laufen gehen, weiß ich diese Zeit (besonders in der aktuellen Zeit) wirklich sehr zu schätzen und brauche sie auch.
Als Ausgleich gibt es an den anderen Tagen eine Mischung aus Yoga und/oder Pilates mit den Damen, die ich oben schon genannt habe oder aktuell mache ich auch bei den täglichen Sportübungen des großen Sohnes mit. Ganzheitlich ist dabei das Zauberwort. Jeden Teil des Körpers berücksichtigen und dabei meine ich auch das Innerste, denn auch Ausgeglichenheit trägt dazu bei, dass man mehr mentale Kraft für schwierige Phasen aufbringen kann.
Und genau das ist es doch, was wir im Moment am nötigsten haben, oder?
Ich kann es euch nur immer wieder empfehlen und raten: Nehmt euch diese Auszeit für euch. Egal wie ihr sie nun füllt. Ich habe übrigens gelesen, dass man beim Treppen steigen drei Mal so viel verbrennt. Vielleicht liegt euch das mehr? Aber denkt dabei immer an eure Gelenke.
Was für sportliche Routinen habt ihr und wie nehmt ihr euch Zeit nur für euch?
[…] in meinem Leben, in denen ich gelernt habe unnötigen Druck rauszunehmen. So auch beim Laufen. Als ich das während Corona anfing, gab es eine Phase, in der ich wirklich jeden Tag laufen gegangen bin. Rückblickend war das für […]