Als ich eines Morgens die Augen aufschlug und aus dem Fenster blickte, dabei dem Gezwitscher der Vögel lauschte, jetzt wo es scheinbar endlich Frühling wurde, da fasste ich einen Entschluss: Heute würde ich es mal wieder mit Laufen versuchen.
Laufen, das hört sich so viel besser an als Joggen!
Im Laufe der Jahre habe ich es immer wieder mit dem Joggen versucht. Es ist einfach nicht meine Welt. Ich fange damit an, merke, dass es von Mal zu Mal besser wird und dann kommt mir irgendetwas dazwischen und ich bin wieder raus.
Ich muss dazu sagen, dass ich dabei nicht so abschalten kann, wie andere. Manche sagen ja, dass sie dabei gut nachdenken können. Andere leeren den Kopf und lauschen der Musik. Und wieder andere laufen einfach nur. Unablässlich. Und ich?
Ich fange an zu laufen. Am Anfang denke ich noch “Hey, das geht ja sogar”. Nach ein paar Meter beginnt der Druck im Brustkorb. Urgs, das ist ja doch gar nicht so einfach. Ich verliere den Rhythmus meiner Atmung und nach weiteren Metern denke ich “Was hast du dir dabei nur gedacht”. Jedes Mal. Wirklich jedes Mal.
Ich werde langsamer, überlege aufzugeben…
“Nur noch bis zu der Ecke da vorne”; sage ich mir und beiße die Zähne zusammen. Plötzlich überhole ich einen Passanten. “Oh ne, was denkt der, wenn ich jetzt plötzlich aufhöre zu joggen und stattdessen gehe”, überlege ich etwas panisch, “das sieht doch komisch aus”. Also laufe ich weiter, denke ich sterbe gleich. So lange, bis der Passant so weit weg ist, dass es mir nicht mehr peinlich ist, dass ich vom Laufen in ein zügiges Gehen übergegangen bin.
Langsam bekomme ich wieder Luft. Ein paar Meter gehe ich so weiter. Ein Schritt nach dem anderen. Ich atme tief ein und aus, lasse die Luft in meine Lunge und merke, wie es langsam wieder besser wird. “Na gut, ein Stückchen noch”; denke ich nach einer Minute und beginne wieder mit dem Joggen. Wie viele Meter ich dabei zurück lege, das weiß ich noch nicht. Das schaue ich später auf dem Handy nach, bisher mache ich einfach. Mal sehen, wie weit ich komme. Es fühlt sich jedenfalls nach viel an.
Eine Mischung aus Tunnelblick und Forscherdrang!
Wenn ich mal wieder so einen Laufversuch starte, dann wähle ich meist Strecken, die nicht stark befahren oder gar gut besucht sind. Ich möchte gerne für mich sein und mir selber keinen Druck machen. So gut laufen, wie es eben nur geht. Und wenn ich zwischendurch anhalten muss, dann ist das so. Wobei… anhalten ist das falsche Wort. Eher vom Laufen ins Gehen übergehen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben.
Das bringt ganz neue Dinge mit sich. Man lernt sein Umfeld vollkommen neu kennen. Ich laufe an Häusern vorbei, die ich vom Auto aus vielleicht schon einmal in der Ferne wahrgenommen, aber nie wirklich beachtet habe. “Hey, da ist ja das Vereinshaus vom Sportverein”; denke ich so beim vorbei laufen und muss innerlich lachen. Man sagte mir, es wäre in der Nähe, aber so nah. Wer hätte das gedacht. Aus dem Blickwinkel entdecke ich einen wunderschönen Garten. “Oh, das haben die ja toll gemacht”,und ich überlege, wie sich das eine oder andere vielleicht in unserem Garten umsetzen lässt.
Uff, es ist wieder Zeit für ein bisschen gehen, denke ich in der einen Sekunde und entdecke dann plötzlich einen Mann beim Hecke schneiden. Da muss ich noch vorbei. Das geht ja nicht, dass er sieht, wie ich aufgebe… und wieder muss ich mehr laufen, als ich mir eigentlich zutraue. Aber schau an, ich habe es geschafft. Ich laufe weiter bis zum Ende der Straße, biege ab und werde langsamer, bis ich wieder ein zügiges Gehen drauf habe. Ich hole Luft. Der Weg ist etwas holprig und mir kommt ein Mann mit zwei Hunden entgegen. Er nickt mir lächelnd zu und ich nicke zurück. Irgendwie kommt er mir bekannt vor.
Am Ende zählt nur, dass man sich dazu motiviert hat, oder?
“Jede Bewegung zählt”, sagt der Schwager zu mir, “und sich für Sport zu motivieren ist die halbe Arbeit”.
Recht hat er, oder? Immerhin bin ich heute früh diesen Weg gegangen, habe die Sportschuhe angezogen und die Trainingshose, habe einen großen Schluck Wasser getrunken und bin dann los gelaufen anstatt mich direkt an den Esstisch zu setzen. Bewegung am Morgen. Tschakkaaa…
Ich beende meine Runde. Ich merke, wie mein Kopf glüht. Ich bin stolz auf mich, dass ich es mal wieder versucht habe. Dran bleiben sollte ich, denn ich weiß, man kann sich steigern, wenn man es kontinuierlich macht. Vielleicht schaffe ich diese Runde irgendwann auch mal ohne Pause, wer weiß. Doch bis dahin ist es sicher noch ein Weg. Ob ich ihn wage. Mal sehen… Aufgeben? Das sollte eigentlich keine Option für mich sein.
Ich hole das Handy aus der Tasche und schaue auf die Strecke, die es getrekkt hat. “1,5 km” steht da. Doch etwas weniger als erwartet. Ich schaue auf die Zeit und lese etwas von 10 Minuten. Ich muss lächeln und zucke mit den Schultern. Zuletzt habe ich für die Strecke etwas länger gebraucht. Also doch irgendwie verbessert. Immerhin. Keine Glanzleistung, aber doch eine Steigerung… trotz langer Pause. Mal sehen, ob ich irgendwann an die Leistung des großen Sohnes herankomme, der die Strecke deutlich schneller schafft… und am Stück.
Aber Laufen war ja eh noch nie so mein Ding…
Oh ja, deinen Schwager könnte ich auch gebrauchen :) sich zum Sport zu Motivieren ist echt hart, vor allem als Mama. Ich habe es auch schon oft versucht und bin ebenso oft gescheitert :) aber vielleicht bringt der Frühling jetzt ja wieder neue Motivation!