Dieses Jahr war und ist irgendwie alles ein bisschen anders. Nochmal anders, als in den letzten Jahren. In letzter Zeit habe ich so viele Gespräche mit Menschen geführt, die mich innerlich aufgewühlt haben, so dass es manchmal wirklich schwer fällt etwas Ruhe einkehren zu lassen. Die Feststellung, dass die letzten beiden Jahren so viel Schaden angerichtet haben, ist wirklich erschreckend und macht traurig. Da trifft man Menschen nach langen Zeitspannen wieder und es fühlt sich für einen kurzen Moment alles wieder normal an, nur um dann festzustellen, dass sie einfach genauso viel Mist immer noch durchmachen, wie man selbst. Gibt es eigentlich auch nur einen Menschen da draußen, der etwas Gutes aus den letzten Monaten mitnehmen konnte? (Gibt es sicherlich, nicht alles war schlecht, aber der Frust überwiegt derzeit doch sehr, oder?)
Dabei entwickelt sich unser Leben doch tatsächlich gerade wieder mehr und mehr in Richtung normal, oder? Immerhin müssen die Kita-Kinder sich nicht mehr testen, Masken werden auch kaum noch gefordert (und wir setzen sie dennoch auf – wie handhabt ihr das?) und Veranstaltungen werden nach und nach wieder größer. Es trudeln immer mehr Termine ein für Straßenfeste und Konzerte und ja, man freut sich darauf.
Dieses Jahr darf es zum Beispiel endlich wieder mehr als ein Kind sein…
Nachdem wir die letzten zwei Jahre den Geburtstag vom großen Sohn immer unter Vorbehalt und mit einem Plan A und Plan B sowie über mehrere Tage geplant haben, kann er dieses Jahr tatsächlich einfach seine Freunde einladen ohne überlegen zu müssen, wer kommt und wer nicht, weil es nur maximal zwei sein dürfen. Er muss die Freunde nicht auf mehrere Tage verteilen und endlich, ja ENDLICH kann er den lang ersehnten Bowling Geburtstag feiern, der nun drei Mal verschoben wurde. Einmal, weil er sich doch kurzfristig nochmal für eine Motto-Party entschied und zwei Mal wegen Corona. Die Freude dahingehend ist natürlich groß und für mich ist es somit das erste Jahr, wo ich tatsächlich kaum etwas planen muss.
Trotzdem fühlt es sich komisch an, wenn man Jahre lang schon Wochen im voraus gebastelt, organisiert und geplant hat, wenn man dann auf einmal nur dafür sorgen muss, dass das Wohnzimmer schick aussieht und ein Kuchen auf dem Tisch steht. Als ob man das ein wenig verlernt hat. Wer weiß… nächstes Jahr feiert er vielleicht dann schon ganz ohne mich *lach*.
Das ist aber nicht das Einzige, das sich verändert hat
Das Kind wird groß. Das merkt man gerade in letzter Zeit wieder ganz massiv. Es fehlen tatsächlich nur noch ungefähr 9 Zentimeter, dann ist er so groß wie ich. Huch… das gibt es auch nicht immer, dass der elfjährige Sohn einen einfach mal eingeholt hat. Die größeren Füße hat er schon länger und mit Größe 39 hat man als Frau eigentlich nicht unbedingt kleine Füße. Die Zeit, wo wir uns theoretisch die Schuhe teilen konnten, ist aber auch schon wieder vorbei.
Viel stärker merke ich die Veränderung allerdings an anderen Stellen. Die Gespräche sind anders geworden. Die Sorgen haben sich entwickelt und auch die Gedanken. Auch hier merkt man, dass die Pandemie viel angerichtet hat. Wie bei so vielen. Es fällt schwer wieder einen guten Weg zurück zu finden und das ist manchmal wirklich nicht so einfach.
Aber man merkt es auch an seinem Zimmer, an seinen Interessen, an den Dingen, die ihm wichtig sind. Man nehme nur alleine die Tatsache, dass der Wunschzettel sich kaum noch füllen ließ. “Ich weiß gar nicht was ich mir wünschen kann”, sagte er mal, als ich erwähnte, dass die Familie nach Geburtstagswünschen fragte.
Und dann gibt es sie dennoch, diese Momente, in denen er mein kleines Kind bleibt…
… zum Beispiel, wenn er sich wünscht, dass er morgens dennoch aufsteht und ein geschmücktes Wohnzimmer vorfindet an seinem Geburtstag. Es ist eben doch was Besonderes, wenn alles extra zu diesem Anlass auf einmal wie eine andere Welt aussieht. Als ob man nur an diesem Tag eine Reise antritt. Tut man ja irgendwie auch. Man geht einen weiteren Schritt voran in seinem Leben und nun ist er schon 11 Jahre alt. Nachdem er letztes Jahr das erste Mal genullt hat, gab es in diesem die erste Schnapszahl zu feiern. “Was ist eine Schnapszahl”, fragt der kleine Sohn und ich muss lachen. Ja, ich glaube die Frage haben wir alle irgendwann mal gestellt.
Es fühlt sich komisch an, wenn man auf sein Kind schaut. Auf diesen wertvollen Schatz, den man sein Leben lang beschützen möchte. Diese kleine, hilflose Wesen, das eben genau das irgendwie nicht mehr ist. Hilflos… nur in manchen Lebenslagen, so wie wir es heute sind. Klein? Nein, definitiv nicht mehr klein. Gefühlstark? Ohja… kurz vor der Pubertät oder sogar schon mittendrin? Aber hallo…
An manchen Tagen eine Kombination aus “Digga” und “Nice”? Und man fühlt sich auf einmal alt. Aber so richtig. Man ist nun vielmehr auf Augenhöhe unterwegs und das irgendwie cool und beängstigend zugleich. Verrückt, oder? An manchen Tagen hätte man gerne dieses kleine Kind von damals zurück und an anderen kann man kaum erwarten zu sehen, wie diese Reise weitergeht.
Was wird aus ihm werden? Wird er wirklich der Fußball-Profi, der er schon seit er klein ist sein möchte? Wird aus ihm vielleicht doch ein Welteneroberer oder vielleicht ein Erfinder? Vielleicht ein Lehrer oder einfach etwas vollkommen anderes, mit dem wir jetzt noch so gar nicht rechnen.
Das Gute ist nämlich, wir haben ja noch Zeit…
Viel Zeit. Noch kann er einfach entdecken, erleben und wachsen an den Herausforderungen, von denen der Jugend von heute so einige gestellt werden. Noch kann ich nicht ganz sehen, was die letzten beiden Jahre mit meinem Kind angestellt haben, außer, dass sie ihnen wirklich viel (sehr viel) abverlangt haben und welche Konsequenzen das für ihre weitere Entwicklung haben wird. Noch ist aber auch Zeit, um alles in die richtigen Bahnen zu lenken, zu helfen, zu unterstützen und da zu sein, wenn diese nicht mehr ganz so kleinen Menschen eben doch nochmal gedrückt und geknuddelt werden wollen.
11 Jahre sind wir nun schon Eltern und es sind spannende und herausfordernde Jahren gewesen, aber wir stehen noch immer am Anfang und es fühlt sich nach wie vor seltsam an. Vor allem, wenn man sich selbst manchmal noch wie ein hilfloses Kind fühlt.
11 Jahre. Krass, oder? Dabei hielt ich ihn doch gestern erst in meinen Armen. Klein und wonneproppig… Einfach nur krass.